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Entdecke die Möglichkeiten! – Mandantenzeitschrift tatort:steuern

Raumplanung

Entdecke die Möglichkeiten!

Raumplanung und -gestaltung ist in Unternehmen häufig nur ein Thema, wenn der Mietvertrag endet oder andere äußere Umstände zu räumlichen Veränderungen zwingen. Zu selten, meint tatort:steuern und setzt Impulse, die Räume für neue Ideen öffnen.

In der Corona-Krise ist die Welt auf einmal ganz klein geworden: Aus 22 Quadratmetern Bürofläche mit Schreibtischarbeitsplatz wurden drei Quadratmeter abgeteilte Arbeitsecke am heimischen Esstisch oder – ganz luxuriös – acht Quadratmeter privates Arbeitszimmer unter dem eigenen Reihenhausdach. Nach einer gewissen krisengeschüttelten Orientierungsphase fragt sich nun der Arbeitnehmer: Soll das so bleiben, und soll ich meine Familienfotos und/oder Lieblingstasse nun aus dem Büro nach Hause holen? Und der Unternehmer überlegt: Kann ich die ganzen leeren Büroflächen nicht einfach kündigen und irrsinnig viele Kosten sparen? Die Antwort auf beide Fragen lautet „nein“, wenn man sich dem Thema strategische Raumplanung unternehmerisch oder gar wissenschaftlich nähert.

Planungsverständnis und Instrumentarium der Raumplanung richten sich längst nicht mehr nur auf die effiziente und kostenorientierte Organisation des Arbeitsraumes. Insbesondere die reine Kostenrechnung ist eher kontraproduktiv für die zielführende Raumstrategie. Immer mehr versteht sich Raumordnung auch als prozess- und lösungsorientierte Steuerung von raumbedeutsamen Unternehmenszielen (zum Beispiel Wachstum), betrieblichen Maßnahmen (zum Beispiel internen Schulungen) und daran beteiligten Akteuren mit ihren jeweiligen Bedürfnissen.

Betrachte ich als Unternehmer meine Raumplanung strategisch, reagiere ich nicht mit kurzfristigen, kostenoptimierenden Maßnahmen aufgrund von äußeren Einflüssen (zum Beispiel der Corona-Pandemie), sondern beziehe diese äußeren Einflüsse und Veränderungen in meine strategischen Überlegungen mit ein. Optimalerweise erschaffe ich mir meinen (Lösungs-)Raum gedanklich ganz neu. Ausgehend von einer systematischen Bedarfsanalyse kann ich als Unternehmer aufzeigen, welche räumlichen Notwendigkeiten es gibt, welche Bausteine arbeitsunterstützend und prozessoptimiert wirken und welche Gestaltungen und Begegnungsflächen mir das Wohl und die Begeisterung der Mitarbeiter sichern. Der Analyst erstellt einen Modellgrundriss und strukturiert die unterschiedlichen Bedarfe flächenorientiert. Dabei fließen nun die äußeren Einflüsse (zum Beispiel die notwendigen Corona-Arbeitsschutz­maßnahmen) ein und beeinflussen die Modellplanung entweder raumbedarfsverringernd (Stichwort: mobiles Arbeiten/Homeoffice) oder -erhöhend (Stichwort: Abstandsmaßnahmen).

Betreffen die Veränderungen oder äußeren Einflüsse nur einen Teil meiner Unternehmensflächen, kann ich mir natürlich auch nur diesen Teil genauer anschauen. Stelle ich aber gedanklich alle Flächen und Nutzungen auf den Prüfstein, ergeben sich häufig ganz neue Perspektiven und bestenfalls prozessuale Optimierungen oder auch positive Kulturimpulse.

Ein Beispiel aufgrund der aktuellen Corona-Arbeitsschutzmaßnahmen

Kann ich nun einerseits Büroflächen „einsparen“, weil meine Mitarbeiter mobil von zu Hause aus arbeiten, stellen sich gleichzeitig Fragen der flexiblen Arbeitsplatznutzung für einen oder mehrere Bürotage. Ein flexibler Arbeitsplatz beinhaltet neue Anforderungen an die Hygiene und Organisation. Zudem muss ich Maßnahmen treffen, die die Produktivität und Loyalität des Mitarbeiters hochhalten, denn beides ist laut verschiedenen Unternehmensstudien durch einen geteilten Arbeitsplatz gefährdet oder negativ beeinflusst. Die räumliche Trennung im Homeoffice verstärkt diese negativen Einflüsse weiter. Ich benötige daher unbedingt andere Räume, in denen sich die Mitarbeiter begegnen und in persönlichen Kontakt treten. Dabei sind wiederum die (neuen) Abstandsregelungen zu beachten. Es kann also sein, dass meine bisherigen Gemeinschaftsräume und -flächen den aktuellen Anforderungen nicht mehr genügen.

Auch muss ich vielleicht stark frequentierte Anlaufstellen, zum Beispiel Kaffeemaschine und Wasserspender oder Kühlschrank, entzerren oder trennen, um Anstehen und Grüppchenbildung zu vermeiden. Für Projekt- oder Teamarbeiten ist ein angepasstes Bürokonzept mit flexiblen Teambüros hilfreich. Damit Ergonomie und Konzentration nicht zu kurz kommen, gibt es zum Beispiel Steharbeitsplätze zum mobilen Desksharing und Ruhearbeitsplätze für Terminarbeiten.

Die Raumordnung greift umfassend in die Arbeitsorganisation ein und weitet sich auf andere Dimensionen des ganzen unternehmerischen Daseins komplex aus. Arbeitsplatzergonomie, Schall- und Datenschutzfragen, Logistik, Informations- und Laufwege – man kommt vom Hundertsten ins Tausendste. Um sich nicht gleich in Details zu verlieren oder der Komplexität des Themas zu erliegen, hilft es, nach dem folgenden Schema zu starten:

  1. den Bedarf analysieren (Fläche),
  2. die technischen Anforderungen, Gegebenheiten und Möglichkeiten klären,
  3. die Planung entsprechend der Bedarfsanalyse erstellen,
  4. die Umsetzung gestalten und
  5. die (Arbeits-)Prozesse anpassen.

Es gibt kein Modell, das auf alle Unternehmen übertragbar ist. So, wie der individuelle Lebensraum von jedem persönlich und nach seinen Bedürfnissen gestaltet wird, schafft der Unternehmer auch den optimalen Raum für die Unterstützung der Unternehmensziele, Prozesse und der Unternehmenskultur. Das ist harte strategische Arbeit und kostet Zeit. Macht er sich aber bewusst, dass der Unternehmensraum all diese essenziellen Erfolgsschrauben beeinflusst, lohnt sich die Mühe. Mit einer strategischen Raumplanung und -gestaltung kann immer auch gleichzeitig das Unternehmen modernisiert werden. So können positive Veränderungen in der Kommunikation, Digitalisierung, Prozessoptimierung, Außendarstellung, Unternehmenskultur und Wissensvermittlung bewirkt werden. Die Wege der Unternehmensentwicklung sind auch räumlich zu begreifen. So, wie mit der Schaffung von Tausenden von Heimarbeitsplätzen räumliche Unternehmensgrenzen gesprengt wurden, kann sich auch ein Unternehmen in diese Arbeitsplätze ausweiten und optimale Verbindungen schaffen – technisch wie optisch. Dafür lassen sich auch ein eigenes Corporate Design entwickeln sowie Räume der Produktivität, der Begegnung und des Wissens schaffen. Ganz im Sinne des alten Ikea-Werbeslogans „Entdecke die Möglichkeiten!“.

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