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Woher nehmen? – Mandantenzeitschrift tatort:steuern

Erbschaftsteuer auf Immobilien

Woher nehmen?

Die gestiegenen Immobilienwerte führen zu immer höheren Erbschaftsteuerbelastungen beim Erwerb von Grundvermögen. Dies hat die Diskussion über eine Anhebung der seit 2009 unveränderten Freibeträge angeheizt. Besondere Probleme ergeben sich für Erben, bei denen die liquiden Mittel aus dem Nachlass nicht ausreichen, um die Erbschaftsteuer zu begleichen. tatort:steuern erklärt, was Erben tun können.

Wer beispielsweise ein Mietshaus in einer deutschen Großstadt erbt, ist heute häufig Multimillionär – zumindest auf dem Papier. Hohe Bodenrichtwerte und niedrige Liegenschaftszinssätze führten in den letzten Jahren zu Grundbesitzwerten, die oft das 30-Fache und mehr der jährlichen Miete ausmachen. Auch wenn bei zu Wohnzwecken vermieteten Immobilien zehn Prozent dieser Werte steuerfrei bleiben, ergeben sich regelmäßig beträchtliche Summen, die in die Berechnung der Erbschaftsteuer einfließen. Vor diesem Hintergrund verblassen auch die – nach verwandtschaftlicher Nähe gestaffelten – persönlichen Freibeträge.

Beispiel  Der studierende Sohn A ist Alleinerbe seines verstorbenen Vaters V. Dieser hinterlässt ausschließlich ein lastenfreies Mietwohngrundstück mit einem Grundbesitzwert von vier Millionen Euro. Aus dem Grundstück wird eine jährliche Nettokaltmiete von 125.000 Euro erzielt. A hat bislang keine Vorschenkungen erhalten.

Der Grundbesitzwert bleibt zu zehn Prozent steuerfrei, sodass 3,6 Millionen Euro für erbschaftsteuerliche Zwecke anzusetzen sind. Nach Abzug des persönlichen Freibetrags von 400.000 Euro verbleibt ein steuerpflichtiger Erwerb von 3,2 Millionen Euro vor Erbfallkosten. Die daran anknüpfende Erbschaftsteuer beläuft sich auf 19 Prozent beziehungsweise 608.000 Euro.

Stundung der Steuerschuld

Nun mag sich das „Bedauern“ über diese Steuerbelastung in der gesellschaftlichen und politischen Diskussion in Grenzen halten, gleichwohl sehen sich Erben immer wieder gezwungen, zur Tilgung der Steuerschuld die Immobilie zu veräußern. Um das zu verhindern, hat der Gesetzgeber speziell für die Erbschaftsteuer eine Regelung zur Stundung für die Fälle geschaffen, in denen die Steuer nur durch Veräußerung des erworbenen Vermögens aufgebracht werden kann.

Die Regelung erfasst privates Grundvermögen, soweit es sich um vermieteten Wohnraum innerhalb der EU oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) handelt und nicht zu einem Betriebsvermögen gehört. Wird einem entsprechenden Antrag stattgegeben, erfolgt die Stundung zinslos. Die Stundungsmöglichkeit gilt auch für Erwerbe durch Schenkung unter Lebenden (lebzeitige Zuwendungen). Hier greift jedoch eine Verzinsung von sechs Prozent pro Jahr.

Die auf den ersten Blick sinnvoll erscheinende Regelung erweist sich in der Praxis jedoch häufig als Papiertiger. Die Finanzverwaltung verfährt bei derartigen Stundungsanträgen zur Erbschaftsteuer regelmäßig sehr restriktiv.

Zwar leuchtet es ein, dass der Erwerber vorrangig weiteres erworbenes Vermögen oder vorhandenes eigenes Vermögen zur Begleichung der Steuerschuld einsetzen muss. Allerdings rechnet die Finanzverwaltung dem „eigenen oder sonstigen Vermögen“ regelmäßig auch die „Möglichkeit der Kreditaufnahme“ zu. Stundungsanträge nach dem Erbschaftsteuergesetz werden daher in der Praxis grundsätzlich abgelehnt, wenn zur Finanzierung der Erbschaftsteuerzahlung eine Kreditaufnahme möglich ist. Dabei muss der Steuerpflichtige nachweisen, dass eine Beschaffung von Darlehensmitteln nicht möglich ist. Da eine Steuerbelastung im Regelfall nur bei weitgehend unbelastet erworbenen Grundstücken entsteht, ist die Ablehnung einer Finanzierungsanfrage durch ein Kreditinstitut im Regelfall wenig wahrscheinlich und letztlich nur in speziellen Einzelfällen – zum Beispiel bei sehr betagten Erwerbern – von Bedeutung.

Umstrittene Regelung

Die gesetzliche Regelung geht somit in praxi weitgehend ins Leere. In den Gesetzesmaterialien ist ein entsprechender Hinweis auf die vorrangig gebotene Kreditaufnahme nicht enthalten. Ob die strenge Auslegung der Regelung durch das Finanzamt rechtmäßig ist, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt und wird von Fachleuten unterschiedlich bewertet. In jedem Fall dürfen die Anforderungen an einen Erwerber in Bezug auf eine Steuerstundung nicht überspannt werden. Er darf deshalb nicht angehalten werden, sich Geldmittel jenseits des üblichen Kapitalmarkts – zum Beispiel über Angehörigendarlehen – zu besorgen.

Selbst wenn der Steuerpflichtige das geerbte Grundstück nicht behalten will und die Veräußerung des begünstigten Vermögens von vornherein beabsichtigt hat, kommt eine Stundung nach dem Erbschaftsteuergesetz durchaus in Betracht. Der Schutzzweck der Regelung schließt ein, dem Steuerpflichtigen eine überlegte Prüfung zu ermöglichen, ob der ererbte Grundbesitz zur Tilgung der Erbschaftsteuer einzusetzen ist.

Liegen die Voraussetzungen für eine Stundung vor, ist die Steuer auf Antrag bis zu zehn Jahre zu stunden. Dabei soll die gestundete Steuer aus den Vermietungserträgen (ratierlich) entrichtet werden können. Diese unterliegen jedoch zunächst regulär der Einkommensteuer. Da sich die Ertragswerte zunehmend von den Mieteinnahmen entkoppelt haben, ist es fraglich, ob der Zehnjahreszeitraum zur Steuertilgung überhaupt ausreicht. Vielfach sind Steuerpflichtige gerade wegen der Erbschaftsteuerbelastung genötigt, die Mieten zu erhöhen. Dieser Umstand, die weiteren gesetzgeberischen Eingriffe (zum Beispiel Aufteilungsverbote) und Unsicherheiten (zum Beispiel Diskussionen zum Mietendeckel) führen neben den Instandhaltungspflichten dazu, dass sich viele Erwerber letztlich doch für einen Verkauf entscheiden.

In Schenkungsfällen unter Vorbehalt eines Nießbrauchrechts steht einer Stundung nicht entgegen, dass sich der Steuerpflichtige durch die Annahme der Schenkung unter Nießbrauchvorbehalt selbst in eine ertraglose Situation begeben hat. Dass ein Objekt keinen für den Beschenkten zur Tilgung der Steuer verwendbaren Ertrag abwirft, kann für die Frage, ob eine Stundung zu gewähren ist, nach der Rechtsprechung nicht per se als schädlich angesehen werden.

Scheitert eine Stundung nach der Sondervorschrift im Erbschaftsteuergesetz, besteht die Möglichkeit der Stundung von Erbschaftsteuer nach den allgemeinen Vorschriften der Abgabenordnung. In jedem Fall endet die Stundung, soweit das erworbene Vermögen veräußert oder zum späteren Gegenstand einer Schenkung wird.

FAZIT Kommt es zu einer hohen Belastung mit Erbschaftsteuer auf Immobilien, ist bei fehlenden liquiden Mitteln frühzeitig zu prüfen, wie die Steuerbelastung getilgt werden kann. Etwaige Stundungen sollten frühzeitig mithilfe des Steuerberaters vorbereitet werden. Am besten ist es natürlich, hohe Belastungen mit Erbschaftsteuer gänzlich zu vermeiden und sich frühzeitig Gedanken zu einer steueroptimierten Gestaltung und gegebenenfalls bereits lebzeitigen Übertragung des Vermögens zu machen. Hierfür stehen wir Ihnen jederzeit gerne mit Rat und Tat zur Seite.

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