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Reform 2021: Das ist neu – Mandantenzeitschrift tatort:steuern

Gemeinnützigkeitsrecht

Reform 2021: Das ist neu

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurden im Einkommensteuergesetz und in der Abgabenordnung lange erwartete Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht auf den Weg gebracht. tatort:steuern macht Sie mit den wesentlichen Änderungen ab dem Jahr 2021 vertraut.

Die Begriffe „gemeinnützig“ und „nonprofit“ werden synonym für Gesellschaften oder Organisationen gebraucht, die keine klassische Gewinnmaximierung im Auge haben und keine Gewinne an ihre Mitglieder oder Eigentümer ausschütten. Sie sind darauf ausgerichtet, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Wer gemeinnützig ist, oder es werden will, muss allerdings viele Voraussetzungen und gesetzliche Vorgaben erfüllen. Dafür räumt der Gesetzgeber aber auch umfangreiche steuerliche Privilegien ein.

Die Gemeinnützigkeit bleibt bestimmten Rechtsformen vorbehalten

Nach deutschem Recht können nur genau definierte Rechtsträger gemeinnützig sein. Dies sind: Kapitalgesellschaften, insbesondere die gemeinnützige Aktiengesellschaft und die gemeinnützige GmbH, eingetragene und nicht eingetragene Vereine, rechtsfähige und nicht rechtsfähige Stiftungen sowie Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

Die wohl bekannteste Begünstigung einer gemeinnützigen Organisation ist die Berechtigung zur Ausstellung einer Spendenbescheinigung. Diese bewirkt die steuerliche Abzugsfähigkeit für den Spendengeber. Gemeinnützige Unternehmen sind unter bestimmten Voraussetzungen auch von der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuer und der Grundsteuer befreit oder erhalten Begünstigungen bei der Umsatzsteuer. Ein großer Vorteil ist auch die Möglichkeit, durch die Befreiung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer steuerfreie Vermögensübertragungen zu Lebzeiten und von Todes wegen auf gemeinnützige Körperschaften vorzunehmen.

Die neuen Regeln

Anhebung der Ehrenamtspauschale und des Übungsleiterfreibetrags

Übungsleiter – zum Beispiel in Sportvereinen – dürfen ab 2021 statt bisher 2.400 Euro im Jahr 3.000 Euro von ihrer gemeinnützigen Einrichtung beziehen. Der steuerliche Freibetrag für die Aufwandsentschädigung bei einem Ehrenamt wurde von 720 auf 840 Euro jährlich angehoben.

Höhere Grenzen für vereinfachten Spendennachweis

Grundsätzlich ist für eine Spende eine Spendenbescheinigung auszustellen. Bis zu einem Betrag von 200 Euro war dies bisher mit einem vereinfachten Zuwendungsnachweis, zum Beispiel dem Kontoauszug, möglich. Dieser Betrag wurde ab 2021 auf 300 Euro angehoben.

Erweiterung des Kataloges gemeinnütziger Zwecke

Paragraph 52 der Abgabenordnung führt alle gemeinnützigen Zwecke, die einer Förderung zugänglich sind, auf. Dieser Katalog wurde um folgende Zwecke erweitert:

Erweiterung des Kataloges der Zweckbetriebe

Ein Zweckbetrieb einer gemeinnützigen Organisation ist gegeben, wenn

In den Katalog neu aufgenommen wurden nun auch Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass Flüchtlinge regelmäßig aufgrund ihrer physischen, psychischen oder wirtschaftlichen Situation zu den hilfsbedürftigen Personen im Sinne der Abgabenordnung zählen.

Im Weiteren wurden Zweckbetriebe auch auf die Fürsorge von Menschen mit psychischen Erkrankungen ausgedehnt.

Erhöhung der Umsatzfreigrenzen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben

Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von gemeinnützigen Organisationen wurden bisher nicht der Gewerbe- und Körperschaftsbesteuerung unterworfen, wenn die Einnahmen 35.000 Euro nicht überstiegen. Diese Grenze wurde ab 2021 auf 45.000 Euro angehoben.

Ausnahme vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung

Bisher mussten steuerbegünstigte Körperschaften ihre Einnahmen bis spätestens zwei Jahre nach Zufluss für ihre steuerbegünstigten Zwecke verwenden. Nunmehr werden steuerbegünstigte Körperschaften vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung ausgenommen, soweit ihre jährlichen Einnahmen nicht mehr als 45.000 Euro betragen.

Erleichterungen für Kooperationen zwischen steuerbegünstigten Körperschaften

Nach dem sogenannten Unmittelbarkeitsgrundsatz muss eine Körperschaft ihre gemeinnützigen Zwecke grundsätzlich selbst verwirklichen. Steuerbegünstigte Zwecke gelten nunmehr auch dann als unmittelbar und erfüllt, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mindestens zweier Körperschaften, die beide die Voraussetzungen des Gemeinnützigkeitsrechtes erfüllen, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklichen. Durch diese Neuregelung wird es steuerbegünstigten Organisationen ermöglicht, im Rahmen eines Konzernverbundes steuerbegünstigte Leistungen untereinander zu erbringen.

Die gemeinnützige Holding

Bisher konnten Konzernspitzen, beispielsweise von Stiftungen oder Vereinen, die neben dem Halten von Beteiligungen selbst keine steuerbegünstigten Zwecke verwirklichen, nicht als gemeinnützig anerkannt werden. Paragraph 57 Absatz 4 Abgabenordnung regelt, dass ab 2021 auch Holdinggesellschaften, die ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften halten und verwalten, steuerbegünstigte Zwecke unmittelbar erfüllen.

FAZIT  Bei vielen, die sich mit der Gemeinnützigkeit beschäftigen, waren die Erwartungen zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechtes hoch. Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht immer alle Erwartungen erfüllt werden. Die vorgestellten Änderungen – so die vorherrschende Meinung – bringen jedoch für die tägliche Arbeit von gemeinnützigen Organisationen viele Erleichterungen und tragen somit zum Bürokratieabbau bei. Von vielen Fachleuten werden insbesondere die Regelungen zu Kooperationen zwischen steuerbegünstigten Körperschaften hervorgehoben, da sie großes Gestaltungs- und Verbesserungspotenzial in sich bergen. Hiervon begünstigte gemeinnützige Gesellschaften sollten diese Potenziale unter Hinzuziehung von Experten prüfen und gegebenenfalls Umstrukturierungen vornehmen.

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