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„USt 1 TI“ und „USt 1 TJ“ – Mandantenzeitschrift tatort:steuern

Umsatzsteuer im Onlinehandel

„USt 1 TI“ und „USt 1 TJ“

Im E-Commerce wurden bislang vor allem von Anbietern aus dem Ausland viele Verkäufe ohne die Zahlung von Umsatzsteuer abgewickelt. Das will der Gesetzgeber aber nicht so einfach hinnehmen. Seit dem vergangenen Jahr gelten neue Aufzeichnungspflichten und Haftungsvorschriften für Internet-Marktplatzbetreiber und Onlinehändler.

In Deutschland sind im E-Commerce im vergangenen Jahr knapp 58 Milliarden Euro umgesetzt worden. So schätzt jedenfalls der Handelsverband Deutschland (HDE) das Geschäftsvolumen der Internetgeschäfte mit Verbrauchern ein. In Europa sind es nach Angaben europäischer Verbände sogar 621 Milliarden Euro. Doch längst wird dabei nicht immer die fällige Umsatzsteuer von den Händlern abgeführt. Den Staatskassen der EU-Länder entgehen Schätzungen zufolge dadurch etwa fünf Milliarden Euro jährlich. Ursache dafür sind insbesondere Händler aus Drittstaaten, die Waren über Marktplatzbetreiber wie Amazon Marketplace oder Ebay innerhalb der EU veräußern. Denn die Händler versenden in großer Anzahl Waren an deutsche Privatkunden, ohne dabei Umsatzsteuer an den deutschen Fiskus abzuführen. Neben der Steuerhinterziehung verschaffen sich Händler darüber hinaus einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber der steuerehrlichen Konkurrenz, weil sie ihre Waren 19 Prozent günstiger anbieten können. Hierauf hat der Gesetzgeber mit dem „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteueraus­fällen beim Handel mit Waren im Internet“ Ende 2018 reagiert.

Was ist ein elektronischer Marktplatz?

Ein elektronischer Marktplatz ist eine Website oder jedes andere Instrument, mit dessen Hilfe Informationen über das Internet zur Verfügung gestellt werden, die es einem Dritten, der nicht Betreiber des Marktplatzes ist, ermöglicht, Umsätze zu generieren.

Wer ist der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes?

Betreiber ist, wer einen elektronischen Marktplatz unterhält und es Dritten ermöglicht, auf diesem Marktplatz Umsätze auszuführen. So sind zum Beispiel Amazon oder Ebay Betreiber von Marktplätzen.

Welche Aufzeichnungspflichten gelten für Betreiber elektronischer Marktplätze?

Die Marktplatzbetreiber müssen folgende Daten aufzeichnen:

Um diese Daten zu erhalten, benötigt der Marktplatzbetreiber von jedem Online-Händler, der seine Waren auf der Plattform verkaufen möchte, die Bescheinigung „USt 1TI“. Jeder einzelne Händler muss diese mit dem Formular „USt 1 TJ“ beim zuständigen Finanzamt beantragen. Nur Unternehmer mit steuerbaren Umsätzen in Deutschland erhalten diese Bescheinigung. Bei Zweifeln an der Echtheit hat das in der Bescheinigung genannte Finanzamt dem Marktplatz Auskunft über die Gültigkeit zu erteilen.

Wichtig Zwar geht es dem Gesetz­geber hauptsächlich um nicht in Deutschland registrierte Online-Händler, doch das beschriebene Bescheinigungsverfahren müssen auch die deutschen Online-Händler beachten.

Auch Kleinunternehmer mit einem Umsatz von maximal 22.000 Euro erhalten auf Antrag die Bescheinigung „USt 1 TI“.

Wer haftet für nicht abgeführte Umsatzsteuer?

Für Steuerausfälle aus nicht abgeführter Steuer auf Umsätze eines Händlers über den bereitgestellten elektronischen Marktplatz haftet durch eine neue gesetzliche Vorschrift grundsätzlich der Betreiber des elektronischen Marktplatzes. Ausgenommen ist der Betreiber, wenn er die Bescheinigung „USt TI“ vorlegt. Wenn er jedoch wusste oder hätte wissen müssen, dass der Betreiber seinen steuerlichen Pflichten nicht nachkommt, haftet er auch trotz der Bescheinigung.

Seit wann gelten die neuen Vorschriften?

Die genannten Aufzeichnungsvorschriften gelten seit dem 1. Januar 2019. Die Haftungsvorschriften greifen für Marktplatzbetreiber aus Drittländern seit dem 1. März 2019 und für die übrigen elektronischen Marktplätze, also die, die aus der EU einschließlich Deutschland kommen, seit dem 1. Oktober 2019.

Was haben deutsche Online-Händler zu beachten?

Vielen deutschen Unternehmen ist nicht bewusst oder bekannt, dass bei Warenlieferungen an Privatpersonen von Deutschland in ein anderes EU-Land Umsatzsteuer in dem anderen EU-Land anfallen kann. Werden bei den Lieferungen an Privatpersonen gewisse Umsatzgrenzen überschritten, muss sich der deutsche Unternehmer im EU-Ausland steuerlich registrieren lassen und an das ausländische Finanz­amt Umsatzsteuer zahlen. Diese Umsatzgrenze beträgt beispielsweise in Frankreich 35.000 Euro und in den Niederlanden 100.000 Euro. Sobald bezogen auf das Kalenderjahr diese Summen überschritten sind, hat die Anmeldung in den jeweiligen EU-Staaten zu erfolgen. Die Umsatzsteuer ist dann auch dort abzuführen. Der deutsche Unternehmer weist in der Rechnung an den privaten EU-Abnehmer ausländische Umsatzsteuer aus. Diese Regelungen entfallen, wenn die Waren in Deutschland von den Abnehmern abgeholt werden.

Da durch die Marktplatzbetreiber diese Umsätze der Händler aufgezeichnet werden müssen, könnten diese Informationen auch an die übrigen EU-Staaten weitergegeben werden.

Fazit Zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen hat der deutsche Gesetzgeber die elektronischen Marktplatzbetreiber mit erheblichen Aufzeichnungs- und Haftungsvorschriften belastet. Gleichfalls betroffen sind die Online-Händler, die sich registrieren lassen, Informationen zur Verfügung stellen und gegebenenfalls auch Geschäftsabläufe ändern müssen. Inwieweit die Finanzämter auch Daten zur Prüfung einer Umsatzsteuerpflicht in andere EU-Länder weiterleiten, lässt sich noch nicht absehen.