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Was soll das? – Mandantenzeitschrift tatort:steuern

Brennpunkt

Was soll das?

Der Bundesfinanzminister will dem Solidaritätszuschlag an den Kragen. Diese Steuer wurde vor 28 Jahren zunächst befristet für zwölf Monate eingeführt, doch sie überlebte bereits mehr als ein Vierteljahrhundert. Seit 1995 soll der „Soli“ ausschließlich der Finanzierung der deutschen Einheit dienen. Der Bund nahm seitdem 331 Milliarden Euro aus dieser Quelle ein, gab aber nur 243 Milliarden Euro für den Aufbau Ost aus.
Zum 30. Geburtstag könnte nun das Aus für den 5,5-prozentigen Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer kommen – aber auch nicht ganz. Den Erwägungen des Ministeriums zufolge, soll er nur für 90 Prozent der Steuerzahler entfallen und sich für weitere 6,5 Prozent der Steuerzahler ermäßigen. Das heißt: Bei denen, die mehr als etwa 74.000 Euro im Jahr zu versteuern haben, wird sich der Zuschlag ermäßigen. Ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 109.000 Euro bleibt alles beim Alten. Völlig zu Recht – meinen viele in der Republik.
Natürlich müssen somit auch die Superreichen weiterzahlen, aber da diese rar gezählt sind, fällt das kaum ins Gewicht. Die Last trägt – einmal mehr – der „Wirtschaftsmotor Mittelstand“. Genau die Unternehmer, die Arbeitsplätze schaffen und hohe Investitionen in die Digitalisierung stemmen müssen, sollen quasi allein für die fragwürdige Steuerschöpfung aus den Neunzigerjahren blechen. Doch schon jetzt haben Verbände und Kammern Verfassungsbeschwerden angekündigt. Vom Koalitionspartner hat der Finanzminister einen Gegenvorschlag vorgesetzt bekommen, der in drei Schritten eine völlige Abschaffung bis 2026 vorsieht.
Diese Posse ist wiederum ein Beispiel dafür, dass es mitunter Parteien nur um sich selbst und nicht um die Zukunft des Landes geht. tatort:steuern hofft, dass am Ende doch noch ein einfacher und gerechter Abgang des „Solis“ gelingt – wenngleich bis Redaktionsschluss die politischen Akteure in den Diskussionen wenig Anlass dafür gaben.
Auch beim Thema Grundsteuer zeigt sich die Hilflosigkeit der deutschen Politik. Bekanntermaßen hatte das Bundesverfassungsgericht Anfang 2018 entschieden, dass die aktuelle Bewertung der Grundstücke, Wohnungen und Gebäude veraltet und nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Regierung wurde aufgefordert, gerechte und einheitliche Neuregelungen bis zum 31. Dezember 2019 zu verabschieden. Ansonsten würden den Gemeinden ab 2020 die so wichtigen Einnahmen aus der Grundsteuer in Höhe von rund 14 Milliarden Euro verloren gehen.
Das vom Finanzminister entwickelte komplexe Bewertungssystem wurde insbesondere von Bayern abgelehnt. Nach heftigen Diskussionen gab der Finanzminister nach und baute Öffnungsklauseln für die Bundesländer ein. So kann jedes Bundesland eigene Bewertungsregelungen für die Kommunen festlegen.
Es gibt nach den jetzigen Entwürfen also ein Bundesgesetz zur Grundsteuer und darüber hinaus bis zu 16 abweichende Grundsteuergesetze der Bundesländer, je nachdem welches Bundesland von der Öffnungsklausel Gebrauch machen möchte. Trägt das zur Steuervereinfachung bei? Zumal dann auch noch – wie bisher – jede Kommune über einen individuellen Hebesatz die Höhe der Grundsteuer beeinflussen kann.
Es stellt sich die Frage, wie eine einheitliche europäische Finanzpolitik gelingen soll, wenn schon in Deutschland eine einheitliche Steuergesetzgebung scheitert.

Quelle: Bundesfinanzministerium und Bund der Steuerzahler

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