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Brennpunkt

Ausgerechnet jetzt

Dreißig Jahre lang wurde der Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie die Kapitalertragsteuer erhoben. Zunächst sollte er nur befristet und zur Finanzierung der deutschen Einheit entrichtet werden. Doch schon seit vielen Jahren waren nicht mehr die gesamten Einnahmen in den Solidarpakt II geflossen. Sie stützen damit also den Bundeshaushalt im Allgemeinen.

Die aktuelle Bundesregierung hat die Abschaffung des Solidaritätszuschlags bereits in ihrem Koalitionsvertrag als Ziel festgelegt. Ende 2019 erfolgte die Umsetzung mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags. Zum 1. Januar 2021 ist die Umsetzung nun erfolgt. Der Soli ist abgeschafft – aber nicht für alle. Es wurde eine Mehrklassengesellschaft geschaffen. Kleine und mittlere Einkommen werden befreit und eine neue sogenannte Milderungszone eingeführt, in der der Zuschlag langsam ansteigt. Die Körperschaftsteuer jeder GmbH behält dagegen den vollen Solidaritätszuschlag, und das unabhängig von der Höhe des Gewinns. Auch der Zuschlag bei der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge bleibt in vollem Umfang erhalten und das unabhängig vom Gesamteinkommen.

Ist das solidarisch und gerecht? Es darf doch beispielsweise kein Unterschied sein, in welcher Rechtsform die unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird. Ebenso wird bei Zinsen vom Sparbuch oberhalb des Sparerfreibetrages der volle Zuschlag erhoben, obwohl die niedrigen anderen Einkünfte verschont bleiben. Und auch bei den Pauschalierungsmöglichkeiten der Lohnsteuer für beispielsweise geringfügig Beschäftigte oder auch die Fahrtkostenzuschüsse bleibt der volle Solidaritätszuschlag erhalten. Und welcher Bürger zahlt weiterhin den vollen Solidaritätszuschlag? Zum Beispiel ist das eine Familie mit zwei Kindern und einem Einkommen, das mehr als 221.000 Euro beträgt. Einfache Regelungen sehen anders aus, und über die Zulässigkeit wird wohl das Bundesverfassungsgericht entscheiden müssen.

Nachdem der Solidaritätszuschlag über viele Jahre hinweg wie ein Überbleibsel aus dem vorigen Jahrhundert anmutete und die Abschaffung überfällig erschien, kommt die milliardenschwere Entlastung nun indes zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Seit einem Jahr hat Corona die Bürger und die Wirtschaft fest im Griff. Der Streit um den Impfstoff, der Frust über die Lockdown-Maßnahmen und zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten in vielen Branchen dominieren die täglichen Schlagzeilen. Der Staat versucht, die wirtschaftlichen Schäden mit enormen Hilfen abzumildern. Das ist richtig so, und natürlich benötigt er dafür wieder finanzielle Mittel.

Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Der Europäische Rat hat zur Bewältigung der durch die Corona-Pandemie entstehenden Mehrausgaben die Einführung einer Plastiksteuer geplant. Geschuldet wird sie von den Mitgliedsstaaten, die ihrerseits eine entsprechende Plastiksteuer im eigenen Land einführen werden. Einerseits ein guter Beitrag für die Umwelt und doch auch wieder eine neue staatliche Abgabe, die alle Bürger belasten wird. Wen wundert es, dass dieses Gesetzgebungsverfahren erst nach der Bundestagswahl beginnen soll. Bleiben Sie gesund und optimistisch.

© Michael Heim - stock.adobe.com; Quelle: Commerzbank

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