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Im Ausland hört der Spaß auf – Mandantenzeitschrift tatort:steuern

New Work

Im Ausland hört der Spaß auf

Homeoffice und Workation sind in der Arbeitswelt fest etabliert. Aus steuerlicher Sicht sollte der Arbeitgeber jedoch einige Spielregeln beachten – insbesondere, wenn der Arbeitnehmer jenseits der deutschen Grenzen tätig wird.

Unter Workation wird die Verschmelzung von Urlaub und Arbeit verstanden. Menschen arbeiten dabei während ihres Urlaubs an einem anderen Ort oder schließen Arbeitszeit an die Ferien an. Die Entwicklung dieses Arbeitsmodells ist – wie die Tätigkeit im Homeoffice – eng mit der Digitalisierung verbunden, die das Arbeiten aus der Ferne möglich macht. Inzwischen ist Remote Work, die Arbeit von einem beliebigen Ort aus, für Unternehmen unverzichtbar. Schließlich fördert sie die Flexibilität und Motivation der Mitarbeiter und ermöglicht die Einbindung von überregionalen Fachkräften. Da die Tätigkeit in diesen Fällen häufig im Ausland erfolgt, ergeben sich für den Arbeitgeber zahlreiche Fragestellungen aus steuerlicher Sicht.

Lohnsteuer

Der inländische Arbeitgeber ist zum Lohnsteuerabzug seiner Arbeitnehmer verpflichtet, sofern diese unbeschränkt steuerpflichtig sind. Lohnsteuer ist auch einzubehalten und abzuführen, wenn der Arbeitnehmer keinen Wohnsitz in Deutschland hat, seine Arbeitsleistung jedoch im Inland erfolgt oder verwertet wird.

Behält der Arbeitnehmer seine steuerrechtliche Ansässigkeit in Deutschland bei, verbleibt das Besteuerungsrecht ähnlich wie bei einer Dienstreise in Deutschland, sofern die Tätigkeit im Rahmen von Remote Work nicht länger als 183 Tage ausgeführt wird. Je nach Doppelbesteuerungsabkommen kann es hierbei auf einen Zeitraum von zwölf Monaten, das Kalenderjahr oder das Steuerjahr ankommen. Andernfalls kann es zur Aufteilungspflicht des dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfenden Arbeitslohns zwischen Deutschland und dem Tätigkeitsstaat kommen.

Bei Remote Work kommt es folglich primär auf die angestrebte Dauer des Auslandsaufenthalts und das Zielland an. Aus einer lediglich vorübergehenden Tätigkeit im Ausland, die einen Zeitraum von maximal sechs Monaten nicht überschreitet, sollten jedenfalls in der EU keine negativen Auswirkungen auf bestehende oder zusätzliche steuerliche Verpflichtungen des Arbeitgebers folgen. Eine Prüfung der lokalen Gesetzgebung in Verbindung mit dem entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen des Tätigkeitsstaates ist jedoch unabdingbar.

Betriebsstätte

Grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer können für ihren Arbeitgeber das Risiko einer Betriebsstättenbegründung verursachen. Liegt eine Betriebsstätte vor, hat der Betriebsstättenstaat ein Besteuerungsrecht für einen Teil der Unternehmensgewinne. Dies geht einher mit einem hohen zusätzlichen administrativen Aufwand.

Homeoffice als feste Geschäftseinrichtung

Eine Betriebsstätte kann in Form einer „festen Geschäftseinrichtung“ vorliegen. Das Homeoffice erfüllt diese Definition, wenn es regelmäßig und dauerhaft im Hinblick auf eine Unternehmenstätigkeit genutzt und die Tätigkeit auf Verlangen des Arbeitgebers in Heimarbeit ausgeübt wird. Dabei ist grundsätzlich auf den Einzelsachverhalt und dessen Umstände abzustellen. Eine gewisse Sachherrschaft über das Homeoffice wird der Arbeitgeber aber erst dann haben, wenn er berechtigt ist, das Büro oder die Wohnung in einem gewissen Umfang und nicht nur vorübergehend für eigene unternehmerische Zwecke zu benutzen. In Fällen, in denen das Homeoffice regelmäßig und dauerhaft – im Regelfall mehr als sechs Monate – für die Unternehmenstätigkeit genutzt wird und die Arbeit im Homeoffice nach konkreten Vorgaben des Unternehmens auszuüben ist, ist die Begründung einer Betriebsstätte durch die Tätigkeit im Homeoffice denkbar.

Während es für den Lohnsteuerabzug in der Regel nicht auf die Qualifikation des Arbeitnehmers ankommt, spielt diese bei der Frage, ob durch Remote Work inländischer Mitarbeiter eine ausländische Betriebsstätte begründet wird, bei geschäftsleitenden Personen und Vertretern eine entscheidende Rolle.

Geschäftsleitung im Homeoffice

Verlagert sich die Tätigkeit des Geschäftsführers fortwährend ins Homeoffice, kann sich daraus eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte ergeben. Dies ist schnell der Fall, da hier weitaus geringere Anforderungen hinsichtlich der Räumlichkeiten gestellt werden. So bedarf es keiner „festen Geschäftseinrichtung“. Ebenso muss diese Geschäftseinrichtung kein Betriebsvermögen des Unternehmens darstellen. Allerdings muss sich der Geschäftsführer mit einer gewissen Regelmäßigkeit dort aufhalten. So kann eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte beispielsweise in der Privatwohnung des Geschäftsleiters begründet werden; selbst eine Arbeitsecke im Wohnzimmer kann gegebenenfalls ausreichen.

Der Ort der Geschäftsleitung bestimmt sich nach dem Ort, an dem die wesentlichen relevanten Entscheidungen der laufenden Geschäftsführung getroffen werden. Besonders brisant kann das Homeoffice werden, wenn damit die Verlegung des Sitzes der Geschäftsleitung einhergeht und weitere Besteuerungsfolgen durch Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht im Ausland, Aufdeckung stiller Reserven auf Gesellschaftsebene (Entstrickung) und/oder Wegzugsteuer ausgelöst werden.

Vertreter

Eine Vertreterbetriebsstätte liegt vor, wenn der abhängige Vertreter seine Vollmacht zur Vorbereitung und zum Abschluss von Verträgen gewöhnlich in diesem Staat ausübt. Sofern der Arbeitnehmer eine Bevollmächtigung zum Abschluss von Verträgen oder zur wesentlichen Mitwirkung an Vertragsvorbereitungen hat, wird durch die Tätigkeit im Homeoffice damit stets eine Betriebsstätte begründet.

In jedem Fall sollte der Steuerberater hinzugezogen werden, da sich aus den Doppelbesteuerungsabkommen kein einheitliches Verständnis von betriebsstättenbegründenden Begriffen ergibt.

Fazit Unternehmen sind gut beraten, die Leitplanken einer Auslandstätigkeit der Mitarbeiter in Zusammenarbeit mit dem Steuerberater klar zu regeln. Eine solche Policy erscheint auch vor dem Hintergrund sozialversicherungsrechtlicher Folgen empfehlenswert.

Sozialversicherung bei Auslandseinsätzen

Bei einer Tätigkeit aus dem Ausland ergibt sich vom ersten Tag die Frage, welcher Staat für die Sozialversicherung zuständig ist. Innerhalb von Europa (Europäische Union/Europäischer Wirtschaftsraum und Schweiz) ist dafür eine doppelte Beitragszahlung ausgeschlossen.

Es ist zu prüfen, ob es sich um eine Entsendung des Arbeitnehmers handelt. Diese liegt vor, wenn der Arbeitnehmer auf Weisung seines inländischen Arbeitgebers im Ausland eine Beschäftigung für ihn ausübt, die nicht länger als 24 Monate andauern darf und bei der keine andere Person abgelöst werden darf. Folgende Sachverhalte sind dabei unter anderem denkbar:

In beiden Fällen bleibt das Sozialversicherungsrecht des Heimatlandes anwendbar. Aber Achtung: Es muss in beiden Fällen eine sogenannte A1-Bescheinigung beantragt werden.

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