Tipp
Karlsruhe schreitet ein
Die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Firmen ist grundsätzlich zu versteuern. Ein Bundesverfassungsgerichts-Urteil ermöglicht in Einzelfällen nun die ertragsteuerneutrale Übertragung von Gesamthandsvermögen zwischen Schwesterpersonengesellschaften. tatort:steuern erklärt, was jetzt zu beachten ist.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat nach einem Streit zwischen einer GmbH & Co. KG und der Finanzverwaltung in einem aktuellen Urteil entschieden. Die Personengesellschaft hatte zwei Grundstücke zu Buchwerten aus dem Gesamthandsvermögen an eine andere Personengesellschaft mit identischen Beteiligungsverhältnissen übertragen. Die Finanzverwaltung war der Ansicht, der Veräußerungsvorgang führe zur Realisierung von stillen Reserven und sei nicht zu Buchwerten möglich.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun anders geurteilt. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, den festgestellten Verfassungsverstoß rückwirkend für Übertragungsvorgänge nach dem 31. Dezember 2000 zu beseitigen. Diese Verpflichtung erfasst zumindest alle noch nicht bestandskräftigen Bescheide, die auf der für verfassungswidrig erklärten Vorschrift beruhen.
Handlungsbedarf klären
Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind entsprechende Übertragungsvorgänge aus dem Gesamthandsvermögen zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften auch rückwirkend (mehr als 20 Jahre) steuerneutral möglich. Zudem ermöglicht der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – zumindest bis zu einer gesetzlichen Neuregelung – die steuerneutrale Übertragung von Gesamthandsvermögen in besagten Fällen. Die Entscheidung ist für all diejenigen relevant, die in der Vergangenheit Wirtschaftsgüter zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften übertragen haben und denen eine Übertragung zu Buchwerten von der Finanzverwaltung versagt wurde. Es sollte dringend überprüft werden, ob die erlassenen Steuerbescheide noch geändert werden können.
Aufmerken sollten zudem all jene, die in Zukunft einen solchen Übertragungsvorgang planen – eine zeitnahe Umsetzung ist aufgrund der noch nicht erfolgten gesetzlichen Neuregelung zu empfehlen. In jedem Fall ist eine steuerliche Beratung im Vorfeld einer entsprechenden Transaktion notwendig, um den im Detail komplexen Vorgang ordnungsgemäß durchzuführen und die Risiken der Aufdeckung von stillen Reserven zu minimieren.
Verfassungswidrige Regel
Der Entscheidung aus Karlsruhe waren langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen vorausgegangen. Zunächst blieb der Einspruch der GmbH & Co. KG gegen den genannten Beschluss der Finanzverwaltung erfolglos. Danach bekam das Unternehmen aber in erster Instanz vom Finanzgericht Baden-Württemberg recht, woraufhin die Finanzverwaltung Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) einlegte. Dieser wiederum legte die Sache dem Bundesverfassungsgericht vor.
Das Bundesverfassungsgericht gelangte in seinem Beschluss nun zu der Auffassung, dass der Wortlaut des entsprechenden Paragrafen tatsächlich keinerlei Möglichkeit eröffnet, Wirtschaftsgüter aus dem Gesamthandsvermögen in ein anderes Gesamthandsvermögen zu Buchwerten zwischen Schwesterpersonengesellschaften zu übertragen. Dem Urteil zufolge verstößt dies jedoch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und ist somit insoweit verfassungswidrig. Das Gericht sah keine Rechtfertigung für eine steuerliche Ungleichbehandlung von Transaktionen mit und ohne Rechtsträgerwechsel und hat nun den Gesetzgeber zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes verpflichtet. •
© Yevhen - stock.adobe.com