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Teures Erfolgsmodell – Mandantenzeitschrift tatort:steuern

Kurzarbeitergeld

Teures Erfolgsmodell

In der Corona-Krise setzt die Bundesregierung wieder auf das Kurzarbeitergeld, um eine hohe Arbeitslosigkeit zu verhindern. Für Unternehmen bietet das Instrument die Chance, wichtige Fachkräfte in der schwierigen Zeit nicht entlassen zu müssen. tatort:steuern erklärt, was dabei zu beachten ist.

Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit in Krisenzeiten verfügt die Bundesregierung über ein bewährtes Instrument – die Kurzarbeit. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bezeichnet sie als „unser Erfolgsmodell, mit dem wir das Auskommen von Millionen Beschäftigten und ihren Familien sichern“. Sie sei „sehr, sehr teuer“, so der Minister, „Massenarbeitslosigkeit aber wäre noch teurer“.

Kurzarbeitergeld wurde nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit in der aktuellen Corona-Krise von mehr als 650.000 Unternehmen beantragt. Die Arbeitsagentur rechnet für 2020 mit Ausgaben von bis zu 30 Milliarden Euro.

Für die Zeit der Kurzarbeit ersetzt die Arbeitsagentur einen Teil des Gehalts der Beschäftigten. Außerdem werden dem Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge abzüglich der Arbeitslosenversicherung pauschaliert erstattet.

So hilft Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise

Wenn für Beschäftigte vorübergehend aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses oder aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr genug Arbeit da ist und sie ihre Arbeitszeit vorübergehend verringern oder ganz einstellen müssen, kann der Arbeitgeber Kurzarbeitergeld beantragen, um die Entlassung der Arbeitnehmer zu vermeiden. Voraussetzung ist eine arbeitsvertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und -nehmer. Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht grundsätzlich, wenn mindestens zehn Prozent der Beschäftigten einen Entgeltausfall von mehr als zehn Prozent haben und Überstunden sowie positive Arbeitszeitguthaben abgebaut wurden.

Der Aufbau von negativen Arbeitszeitguthaben, die später nachgearbeitet werden, ist nicht erforderlich, sofern die Kurzarbeit vor dem 31. März 2021 beantragt wurde. Der Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern bleibt ungekürzt erhalten.

Achtung Selbstständige können kein Kurzarbeitergeld beantragen!

Worauf Beschäftigte und Arbeitgeber Anspruch haben

Kurzarbeitergeld wurde bislang für maximal zwölf Monate gezahlt. Aufgrund der Corona-Krise hat die Bundesregierung beschlossen, dass Kurzarbeitergeld derzeit bis zum 31. Dezember 2021 bezogen werden kann. Die Höhe des Kurzarbeitergeldes beträgt 60 Prozent des Nettoentgeltes. Für Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind sind es 67 Prozent. Das Geld wird vom Betrieb gezahlt, der diese Leistungen von der Arbeitsagentur erstattet bekommt.

Die Sozialversicherungsbeiträge, die vom Arbeitgeber auf das Kurzarbeitergeld gezahlt werden, werden ebenfalls von der Arbeitsagentur zurückerstattet. So werden Arbeitnehmer und Arbeitgeber entlastet.

Wenn Arbeitnehmer in Kurzarbeit 50 Prozent und mehr Arbeitsausfall haben, wird das Kurzarbeitergeld seit März 2020 ab dem vierten Monat von 60 auf 70 Prozent (77 Prozent für Haushalte mit Kindern) angehoben. Ab dem siebten Monat steigt der Satz auf 80 beziehungsweise 87 Prozent des Nettoentgeltes.

Aber aufgepasst: Kurzarbeitergeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Das heißt, es erhöht den Steuersatz auf das Arbeitseinkommen und alle sonstigen erzielten Einkünfte. Wer Kurzarbeitergeld erhalten hat, ist deswegen zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet.

Tipp Beschäftigte in Kurzarbeit können einen Nebenverdienst bis zur Höhe ihres ursprünglichen Einkommens haben, ohne dass dieser auf das Kurzarbeitergeld angerechnet wird. Sogenannte Minijobs bis 450 Euro werden in voller Höhe nicht angerechnet.

Missbrauch steigt

Während der Corona-Krise ist es vermehrt zum Missbrauch des Instruments Kurzarbeitergeld gekommen. Nach Angaben der Bundesregierung ist in diesem Jahr bislang ein Schaden von mehr als sechs Millionen Euro ermittelt worden. Von März bis einschließlich August 2020 seien bei der Bundesagentur für Arbeit rund 2.100 Verdachtsfälle erfasst worden, die auf möglichen Leistungsmissbrauch hindeuten, wurde auf eine Anfrage der FDP im Bundestag erklärt.

Seit März dieses Jahres werden von der Bundesagentur für Arbeit die Missbrauchsfälle systematisch erfasst. In den vergangenen Monaten ging es bei der Bundesagentur aber vor allem darum, schnell und unbürokratisch durch die Gewährung von Kurzarbeitergeld zu helfen. Die Prüfung der Anträge hatte offenbar nicht die oberste Priorität. Das wird nun anders. Zunächst sollen bundesweit rund 6.000 Mitarbeiter in Verdachtsfällen eingesetzt werden. Wenn aus Sicht der Ermittler der Bundesagentur ein Betrugsverdacht besteht, werden die Ergebnisse an Polizei und Staatsanwaltschaft übergeben. Die Einleitung eines Strafverfahrens ist die unabdingbare Folge.

Ein Betrug liegt vor, wenn falsche oder unvollständige Angaben vom Arbeitgeber bei der Beantragung gemacht wurden. Im Rahmen eines Strafverfahrens können Beschuldigte und Zeugen von den Ermittlungsbehörden befragt und Durchsuchungen zur Sicherung von Beweismitteln vorgenommen werden.

Bei Durchsuchungen liegt ein besonderes Augenmerk auf Unterlagen wie Dienstplänen, Arbeitszeitnachweisen und arbeitsrelevantem Schriftverkehr. Auch elektronische Medien hinterlassen häufig digitale Spuren und dürften für Ermittler von Bedeutung sein. In der Folgezeit ist absehbar davon auszugehen, dass die Arbeitsagentur ihre Prüfungen deutlich ausweiten wird, um schwarze Schafe zu finden. Antragsteller sollten sich der möglichen Folgen von falschen Angaben bewusst sein. Es droht eine strafrechtliche Verfolgung wegen Betrugs. Empfindliche Strafen sind neben der Rückzahlung der unrechtmäßig erhaltenen Zuwendungen die Folge. Die Gefahr, im Rahmen einer Überprüfung durch die Arbeitsagentur entdeckt und strafrechtlich verfolgt zu werden, sollte angesichts der in der Natur der Sache liegenden erheblichen Anzahl von Mitwissenden nicht unterschätzt werden.

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