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Auf Papier, digital oder gleich weg? – Mandantenzeitschrift tatort:steuern

Archivierung

Auf Papier, digital oder gleich weg?

Die Digitalisierung schreitet in allen Branchen und Unternehmensbereichen weiter voran. Doch welche Originalunterlagen darf ich schon heute vernichten? Welche Pflichten und Fristen zur Aufbewahrung sind zu beachten? tatort:steuern erklärt die aktuelle Rechtslage.

Die Aufbewahrungsfristen für Unternehmen richten sich im Wesentlichen nach zwei Rechtsgrundlagen, dem Steuerrecht und dem Handelsrecht. Im Bereich des Steuerrechts sind die Aufbewahrungspflichten in der Abgabenordnung (AO) geregelt, im Bereich des Handelsrechts enthält das Handelsgesetzbuch (HGB) entsprechende Vorschriften. Die Vorschriften hierzu stimmen weitgehend überein. Für die betriebliche Praxis sind jedoch insbesondere die steuerrechtlichen Vorschriften maßgeblich. Hierbei ist eine sechs- und eine zehnjährige Aufbewahrungsfrist zu unterscheiden.

Welche Unterlagen muss ich zehn Jahre aufbewahren?

Zum Beispiel Buchungsbelege, Rechnungen, Geschenknachweise, Reisekostenabrechnungen, Inventare, Lohnjournale und Jahresabschlüsse sind zehn Jahre lang aufzubewahren.

Welche Unterlagen muss ich sechs Jahre aufbewahren?

Dagegen sind zum Beispiel eingehende Geschäftsbriefe und sonstige Unterlagen, die bei der Besteuerung relevant sein könnten, und Lohnkonten sowie alle für die Lohnabrechnung relevanten Belege und Bescheinigungen sechs Jahre lang zu archivieren.

Wie wird die Frist berechnet?

Dazu ein Beispiel: Im Jahr 2013 wurden die letzten Buchungen für das Jahr 2012 gemacht und der Jahresabschluss erstellt. Mit Ablauf des Jahres 2013 beginnt die zehnjährige Aufbewahrungsfrist. Sie endet mit Ablauf des Jahres 2023. Folglich können alle Unterlagen des Jahres 2012 seit dem 1. Januar 2024 vernichtet werden. Aber Achtung: Die Frist endet nicht, wenn das Finanzamt vorher noch eine Prüfungsanordnung zur Durchführung einer Betriebsprüfung übersendet hat.

Wie bewahre ich Papierbelege auf?

Papierbelege müssen so sicher gelagert werden, dass sie vor Einwirkungen wie Feuer, Wasser und Feuchtigkeit geschützt sind. Selbst bei unverschuldetem Verlust der Unterlagen ist in diesen Fällen die Buchführung nicht ordnungsgemäß. Im Einzelfall hat in der Vergangenheit die Finanzverwaltung jedoch zum Beispiel bei Hochwasserlagen von negativen Konsequenzen abgesehen. Eine ausführliche Dokumentation des Vorfalls mit Fotos sollte dem Finanzamt zeitnah aktiv zur Kenntnis gegeben werden.

Wie bewahre ich digitale Belege auf?

Sind aufbewahrungspflichtige digitale Daten oder elektronische Unterlagen im Unternehmen vorhanden, sind sie auch in dieser Form aufzubewahren. Sie dürfen vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht gelöscht werden. Auch reicht es nicht, sie in ausgedruckter Form aufzubewahren. Die Aufbewahrung dieser Unterlagen benötigt zwar weniger Platz, doch müssen bestimmte technische Anforderungen erfüllt sein. Wichtig ist insbesondere die Unveränderbarkeit der Daten und die Gewährleistung des Datenzugriffs durch die Finanzverwaltung. Der Zugriff auf die Daten muss während der Dauer der Aufbewahrungsfrist möglich sein, auch nach einem Wechsel des EDV-Systems, der Software oder der Auslagerung der Daten.

Wo darf ich digitale Dokumente und Papierbelege aufbewahren?

Nach den steuerrechtlichen Vorschriften sind Buchhaltungsunterlagen in der Papierform ausschließlich im Inland aufzubewahren. Demgegenüber dürfen digitale Unterlagen in Cloud-Archivlösungen auch im Ausland gelagert werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Besteuerung im Inland dadurch nicht beeinträchtigt wird und die Datenzugriffsmöglichkeiten des Finanzamts in vollem Umfang möglich sind.

Wie muss die Aufbewahrung von E-Mails erfolgen?

Dient die E-Mail, ähnlich wie ein Briefumschlag, lediglich als Transportmittel, muss sie nicht archiviert werden. Die Aufbewahrung der angehängten Rechnung, beispielsweise als PDF-Datei, ist ausreichend. Grundsätzlich gilt jedoch: Jegliche E-Mail-Korrespondenz mit geschäftlicher Relevanz muss aufbewahrt werden. Zu beachten ist, dass die Vollständigkeit und Unveränderbarkeit der ursprünglichen Mail gewährleistet ist. Eine Aufbewahrung beispielsweise in einer Ordnerstruktur in Microsoft Outlook ist dafür nicht ausreichend. Die Anforderungen lassen sich am einfachsten mit einem revisionssicheren Dokumentenmanagementsystem erfüllen, in dem alle relevanten E-Mails abgelegt werden. Nur auf diesen Datenbestand müssen Sie später dem Betriebsprüfer den Zugriff ermöglichen, nicht jedoch auf Ihr gesamtes E-Mail-Programm.

Ist es auch zulässig, Papierbelege einzuscannen und sofort zu vernichten?

Unter bestimmten Voraussetzungen ist das ersetzende Scannen möglich. Dabei gilt es aber, erstens umfangreiche technische Anforderungen an Ihre EDV zu beachten. Informationen dazu finden Sie unter dem Suchwort „TR RESISCAN“ auf der Website bsi.bund.de. Zweitens müssen auch prozessuale Anforderungen eingehalten werden. Hiermit ist eine Verfahrensdokumentation gemeint, die den Arbeits-, Scan- und Aufbewahrungsprozess im Unternehmen beschreibt und somit eine Organisationsanweisung darstellt. Denn: Im gesamten Arbeitsprozess und in der Aufbewahrung der digitalisierten Belege müssen Manipulationen ausgeschlossen sein.

Tipp: Es gibt auch Unterlagen, die Sie grundsätzlich im Original aufbewahren sollten. Dazu zählen notarielle Verträge, Lebensversicherungspolicen, Kredit- und Mietverträge. Im Zweifel wird Ihre Rechtsposition durch einen Nachweis mittels Originalunterlagen gestärkt.

Was passiert, wenn Unterlagen vor Ablauf der Fristen vernichtet werden und auf Nachfrage beispielsweise im Rahmen einer Betriebsprüfung dem Finanzamt nicht mehr vorgelegt werden können?

Die vorhandene Finanzbuchführung ist dann formell nicht mehr ordnungsmäßig, und die Finanzverwaltung hat die Berechtigung einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen. Das kann teuer werden. Darüber hinaus könnte das Finanzamt im Einzelfall aber auch steuerstrafrechtliche Konsequenzen ziehen.

Ausblick: Das Bundeskabinett hat im Frühjahr 2024 das Bürokratieentlastungsgesetz IV beschlossen. Das sieht unter anderem eine Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege von zehn auf acht Jahre vor. In einer ersten Stellungnahme hat der Bundesrat jedoch bereits Bedenken angemeldet. Die Wirtschaftsverbände hingegen haben weitergehende Erleichterungen gefordert. Es bleibt also abzuwarten, was das weitere Gesetzgebungsverfahren für tatsächliche Entlastungen ergeben wird.

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