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Wohin mit den Miesen? – Mandantenzeitschrift tatort:steuern

Verluste im Steuerrecht

Wohin mit den Miesen?

Niemand mag Verluste. Doch gerade in turbulenten Zeiten zwischen Pandemie und Inflation ist die Thematik der steuerlichen Verlustnutzung hochaktuell. tatort:steuern klärt auf.

Wer in Deutschland Gewinne erwirtschaftet, muss auf diese Steuern bezahlen. Spiegelbildlich ist es deshalb nur fair, dass sich auch Verluste steuerlich geltend machen lassen und die endgültige Steuerlast mindern. Dieser Gedanke ist Ausdruck des sogenannten Leistungsfähigkeitsprinzips, der obersten Maxime des deutschen Steuerrechts, wonach jeder Bürger allein nach seiner individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert werden soll. So werden etwa Mehrverdienende höher besteuert als Geringverdienende. Ausdruck wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit können niemals nur die erwirtschafteten Vermögenszugänge sein; besteuerbar ist vielmehr nur das Ergebnis einer Erwerbstätigkeit. Das Ergebnis der Verrechnung von Erwerbsbezügen und Erwerbsaufwendungen – den Einnahmen und den damit verbundenen Ausgaben. Übersteigen die Ausgaben eines Wirtschaftsjahres die Einnahmen, spricht man von einem Verlust.

Das Leistungsfähigkeitsprinzip fordert die uneingeschränkte Berücksichtigung der Erwerbsaufwendungen, folglich also auch die Berücksichtigung der Verluste!

In Deutschland ist es daher möglich, Verluste innerhalb und zwischen den Einkunftsarten mit positiven Einkünften zu verrechnen (Verlustausgleich) oder diese bezogen auf Zukunft und Vergangenheit zu nutzen (Verlustabzug). Verlustabzug und Verlustverrechnung folgen einem zweistufigen System, welches einer Reihe von Beschränkungen unterliegt und stets eine genauere Betrachtung erfordert.

Stufe 1: Horizontaler und vertikaler Verlustausgleich

Auf der ersten Stufe der Verlustverrechnung werden die Gewinne und Verluste aus den einzelnen Einkunftsarten innerhalb des Kalenderjahres miteinander saldiert. Hierbei wird zwischen horizontalem (Verrechnung von Einkünften innerhalb einer Einkunftsart) und vertikalem Verlustausgleich (Verrechnung von Einkünften aus verschiedenen Einkunftsarten) unterschieden.

Führt ein Steuerpflichtiger zwei Gewerbebetriebe, welche in einem Wirtschaftsjahr Gewinne erwirtschaften, und erzielt er nebenbei erhebliche Verluste aus Vermietung und Verpachtung, so wird erst sein Gesamtgewinn aus Gewerbebetrieb ermittelt (horizontal). Dieser wird sodann mit seinem Verlust aus Vermietung und Verpachtung und den Ergebnissen etwaiger anderer Einkünfte saldiert (vertikal). Trotz des Gewinns aus Gewerbebetrieb kann sich so insgesamt ein Verlust ergeben, womit für das entsprechende Jahr keine Steuern anfallen. Für Eheleute, die zusammen ver­anlagt werden, spielt es beim Verlustausgleich keine Rolle, auf wessen Seite der Verlust angefallen ist. Sie werden nach Zusammenrechnung der Einkünfte wie ein Steuerpflichtiger behandelt und können so wechselseitig ihre Verluste ausgleichen.

Weiterhin gilt es zu beachten, dass der vertikale Verlustausgleich zahlreichen Beschränkungen unterliegt. So können zum Beispiel Verluste aus Kapitalvermögen (unter anderem aus Aktienverkäufen) nicht mit den anderen Einkunftsarten verrechnet werden, sondern nur horizontal mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen. Verluste aus Liebhaberei werden vom Finanzamt gar nicht erst anerkannt, und Verluste, die mit steuerfreien Einnahmen in Verbindung stehen, sind vom Verlustabzug ebenfalls ausgeschlossen.

Stufe 2: Verlustrücktrag/-vortrag

Können auf der ersten Stufe ermittelte Verluste nicht vollständig mit Gewinnen aus demselben Jahr verrechnet werden, ist der nicht ausgeglichene Betrag zunächst rückwirkend in die Vergangenheit übertragbar (Verlustrücktrag). Dies ist bis zu einem Betrag von zehn Millionen Euro und bei Ehegatten, die zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 20 Millionen Euro möglich. Auf Antrag kann jedoch von einem Verlustrücktrag ganz oder teilweise abgesehen werden.

Bleibt nach einem Verlustrücktrag noch ein nicht ausgeglichener Verlust übrig, ist dieser zwingend als Verlustvortrag in zukünftigen Veranlagungszeiträumen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Für den Verlustvortrag gilt ab einem Betrag von einer Million Euro (zwei Millionen Euro bei zusammen veranlagten Ehegatten) die Mindestbesteuerung, wonach stets 40 Prozent der Einkünfte der Besteuerung unterworfen werden.

Im Zuge der Corona-Steuerhilfe­gesetze hat es bezüglich der Verlust­verrechnung mit Einkünften aus der Vergangenheit einige wichtige Änderungen gegeben:

Beispiel

Börsenverluste unter Ehepartnern

Die Eheleute A und B werden zusammen veranlagt und handeln mit jeweils eigenem Depot an der Börse. In Jahr 01 läuft es für A schlecht, und er realisiert Verluste in Höhe von 10.000 Euro. Für die B läuft es bestens, sie realisiert Gewinne in Höhe von 20.000 Euro. Da die Eheleute einen Antrag auf ehegattenübergreifende Verlustverrechnung gestellt haben, können sie sich ihre Verluste „teilen“. Verlustverrechnung: 20.000 Euro – 10.000 Euro = 10.000 Euro, die zu versteuern sind.

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