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Corona-Verluste schon für 2019 nutzen – Mandantenzeitschrift tatort:steuern

Verlustrücktrag

Corona-Verluste schon für 2019 nutzen

Unternehmen werden in der Pandemie vom Gesetzgeber mit gezielten Maßnahmen zur Liquiditätsgewinnung bei der wirtschaftlichen Erholung unterstützt. Dazu zählt auch eine Sonderregelung, die eine Nutzung potenzieller Verluste aus diesem Jahr bereits bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer 2019 ermöglicht. tatort:steuern zeigt, wie die Steuerbelastung jetzt mit wenig Aufwand reduziert werden kann.

Nicht ausgeglichene Verluste werden nach dem Einkommensteuergesetz in das Vorjahr zurückgetragen und mindern damit rückwirkend die Steuerbelastung des Vorjahres. Dafür bedarf es einer Verlustfeststellung, die naturgemäß erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem der Verlust entstanden ist, erfolgen kann. Viele Unternehmen rechnen aber aufgrund der Corona-Pandemie bereits jetzt mit einem Gewinnrückgang oder mit Verlusten im Jahr 2020. Damit der Verlustrücktrag ins Jahr 2019 nicht erst nach Veranlagung des Steuerjahres 2020 (also 2021 oder später) möglich ist, kann die Liquiditätswirkung eines zukünftigen Verlustrücktrags aus dem Jahr 2020 aufgrund einer neuen Sondervorschrift bereits jetzt bei der Steuerfestsetzung 2019 generiert werden. Dafür sieht das Gesetz die vorläufige Steuerfreistellung von 30 Prozent der Einkünfte 2019 vor. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bleiben bei der Bemessung jedoch außer Betracht. Es bedarf lediglich eines formlosen Antrags im Rahmen der Steuererklärung. Weitere Voraussetzung ist, dass die Steuervorauszahlungen 2020 bereits auf null Euro herabgesetzt wurden. Der Verlustrücktrag ist auf fünf Millionen Euro begrenzt und greift nur bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Für die Gewerbesteuer gibt es lediglich die Möglichkeit, Verluste in spätere Jahre vorzutragen.

Beispiel: A ist Einzelunternehmer und betreibt ein Hotel. Im Jahr 2019 hat er einen Gewinn in Höhe von einer Million Euro erwirtschaftet. Andere Einkünfte erzielt er nicht. Aufgrund der Corona-Krise musste A sein Hotel im Jahr 2020 für mehrere Monate schließen und erwartet aktuell für 2020 einen Verlust von 200.000 Euro. Auf Antrag hat das Finanzamt daher die Steuervorauszahlungen für 2020 bereits auf null Euro herabgesetzt. A gibt die Einkommensteuererklärung für 2019 im September 2020 ab.

A kann beantragen, dass im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung 2019 ein vorläufiger Verlustrücktrag in Höhe von 300.000 Euro (30 Prozent von einer Million Euro) abgezogen wird. Die Einkommensteuer 2019 reduziert sich damit bei einem Steuersatz von 45 Prozent um 135.000 Euro.

Wird ein vorläufiger Verlustrücktrag bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer 2019 beantragt, besteht die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung für das Jahr 2020. Mit der Steuerveranlagung für 2020 erfolgt die Überprüfung der vorläufigen Verlustberücksichtigung im Veranlagungszeitraum 2019. Zunächst wird das ursprüngliche Prozedere rückgängig gemacht, indem der Gesamtbetrag der Einkünfte des Veranlagungsjahres 2019 um den Minderungsbetrag wieder erhöht wird. Gleichzeitig kann jetzt ein bei der Veranlagung 2020 tatsächlich festgesetzter Verlust (entstandene negative Einkünfte) in das Jahr 2019 zurückgetragen werden.

Im Idealfall gleichen sich die beiden Positionen aus, und für den Steuerpflichtigen ergibt sich keine neue monetäre Belastung. Sind im Jahr 2020 hingegen keine gleich hohen negativen Einkünfte entstanden oder verzichtet der Steuerpflichtige per Antrag zugunsten eines Verlustvortrags auf den Verlustrücktrag, ergibt sich für den Steuerpflichtigen eine Nachzahlung. Da die Veranlagung 2020 jedoch zeitlich frühestens im Jahr 2021 – in den meisten steuerlich beratenen Fällen jedoch erst 2022 – erfolgt, steht dem Steuerpflichtigen bis dahin zumindest die durch den vorläufigen Verlustrücktrag generierte Liquidität als zinslose Stundung zur Verfügung.

Fortführung des Beispiels: A gibt die Einkommensteuererklärung 2020 im Februar 2022 ab. Gegenüber der Prognose im Herbst 2019 (erwarteter Verlust 200.000 Euro) resultiert aus dem Jahresabschluss 2020 ein tatsächlicher Verlust in Höhe von lediglich 100.000 Euro. Eine Beschränkung des (tatsächlichen) Verlustrücktrags wird von A nicht beantragt. Das Finanzamt wird im Zuge der Veranlagung zur Einkommensteuer 2020 (Einkommensteuer: null Euro) auch die Einkommensteuerfestsetzung 2019 ändern, den vorläufigen Verlustrücktrag von 300.000 Euro rückgängig machen und den tatsächlichen Verlustrücktrag von 100.000 Euro ansetzen. Dies führt zu einer nachträglichen Erhöhung des zu versteuernden Einkommens 2019 um 200.000 Euro. Die daraus resultierende Einkommensteuernachzahlung für 2019 in Höhe von 90.000 Euro – bei einem Steuersatz von 45 Prozent – ist von A erst im Jahr 2022 ohne zusätzliche Zinsen zu entrichten. Im Ergebnis kommt es zu einer Nutzung corona-bedingter Verluste bereits im Rahmen der Einkommensteuer 2019 und zu einer zinslosen Stundung der Einkommensteuer 2019, soweit der vorläufige Verlustrücktrag für 2020 höher ausfällt als der tatsächliche.

TIPP Für den Antrag auf Berücksichtigung eines vorläufigen Verlustrücktrags im Rahmen der Einkommen- oder Körperschaftsteuerfestsetzung 2019 verlangt das Gesetz lediglich, dass die Vorauszahlungen des Veranlagungszeitraums 2020 auf null Euro herabgesetzt wurden. Es muss jedoch im Jahr 2020 kein rücktragsfähiger Verlust erwartet werden. Damit können auch Steuerpflichtige in den Genuss der Regelung kommen, bei denen keine Verlusterwartung besteht und nur mit einem Gewinn von null Euro für das Jahr 2020 gerechnet wird. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber dies sehr wohl gesehen und bewusst als zusätzliche Liquiditätshilfe für die Unternehmen hingenommen hat. Bei natürlichen Personen gehen zum Beispiel Vorsorgeaufwendungen, Sonderausgaben oder Kinderfreibeträge im Verlustjahr einkommensteuerlich stets verloren. Denn rücktragsfähig ist leider nur der negative Gesamtbetrag der Einkünfte, nicht das negative zu versteuernde Einkommen. Daran hat auch die beschriebene Sonderregelung nichts geändert.

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