Wachstumschancengesetz
Verkümmertes Pflänzchen
Mit dem Wachstumschancengesetz wollte die Bundesregierung der Wirtschaft einen ordentlichen steuerlichen Impuls für Innovationen und Investitionen geben. Bereits in der Ausgabe 04 2023 hat tatort:steuern unter dem Titel „Von der Demontage eines Gesetzentwurfs“ über die Bedenken im Bundesrat berichtet. Nun ist das Gesetz in Kraft, in deutlich abgespeckter Form.
Selten gab es so viel Unruhe um ein Steuergesetz. Angesichts klammer Kassen hatten sich die Fronten zwischen Bundesregierung und Bundesrat so verschärft, dass eine Verabschiedung des umstrittenen Wachstumschancengesetzes bis Ende 2023 gescheitert war. Nach Anrufung des Vermittlungsausschusses und zahlreichen Änderungen hat der Bundesrat nun schließlich zugestimmt. Das Gesetz ist am 27. März 2024 in Kraft getreten. Neben einigen bürokratischen Erleichterungen enthält es auch die Grundlagen zur verpflichtenden elektronischen Rechnung ab 2025, über die wir in dieser Ausgabe gesondert berichten.
Legende: Wir haben die Regelungen verschiedenen Einkommensgruppen zugeordnet
(A) Arbeitnehmer & Rentner
(B) Betriebe & Selbstständige
(V) Vermieter
Folgende weitere Punkte des Gesetzentwurfs wurden umgesetzt:
(B) Die Freigrenze für steuerlich abzugsfähige Geschenke an Geschäftspartner erhöht sich ab 1. Januar 2024 von 35 auf 50 Euro pro Jahr.
(B) (A) Die Übernachtungspauschale für Berufskraftfahrer steigt von bisher acht auf neun Euro pro Tag ab 2024.
(B) Für kurze Zeit erfolgt eine – geminderte – Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter des betrieblichen Anlagevermögens. Werden solche Wirtschaftsgüter zwischen dem 1. April und dem 31. Dezember 2024 angeschafft oder hergestellt, können statt einer linearen Abschreibung 20 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgesetzt werden. Allerdings ist die degressive Abschreibung begrenzt auf das Zweifache der linearen Abschreibung.
(B) Die Sonderabschreibung für kleinere und mittlere Betriebe wurde von 20 auf 40 Prozent verdoppelt. Damit können bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter des betrieblichen Anlagevermögens ab 1. Januar 2024 deutlich höher abgeschrieben werden, denn die Sonderabschreibung gibt es zusätzlich zur Normalabschreibung.
(B) (A) Für rein batterieelektrisch betriebene Pkw wird zur Ermittlung des monatlichen Privatanteils auf Basis der sogenannten 1-Prozent-Regelung der Bruttolistenneupreis nur zu einem Viertel angesetzt. Bislang galt dies nur für E-Autos bis zu einem Listenpreis von 60.000 Euro. Für Anschaffungen und erstmalige Überlassungen an Arbeitnehmer ab dem 1. Januar 2024 gilt nun eine höhere Grenze von 70.000 Euro.
(B) Die sogenannte Mindestbesteuerung wurde etwas entschärft. Im Rahmen des Verlustvortrags können Verluste, die eine Million Euro übersteigen, nunmehr zu 70 Prozent (statt 60 Prozent) abgezogen werden, allerdings nur temporär für die Jahre 2024 bis 2027.
(A) Ab 2023 erfolgt eine Streckung der Übergangsregelung für die nachgelagerte Besteuerung von Renten. Der steuerpflichtige Anteil steigt bei einem Renteneintritt ab 2023 nur noch um 0,5 Prozent pro Jahr (statt bisher um ein Prozent). Die vollständige einkommensteuerliche Erfassung der Rente erfolgt damit erst für Renteneintritte ab 2058 (statt 2040). Mit der Änderung einher geht die langsamere Abschmelzung des Versorgungsfreibetrags und des Altersentlastungsbetrags.
(B) (V) Zur Ankurbelung des Wohnungsbaus wurde eine neue degressive Abschreibung für den Wohnungsneubau eingeführt. Für Gebäude, mit deren Herstellung nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 begonnen wird oder die aufgrund eines im selben Zeitraum abgeschlossenen Kaufvertrags bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft werden, können fünf Prozent vom jeweiligen Buchwert (Restwert) abgesetzt werden. In den ersten zehn Jahren wirken sich damit rund 40 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes steuermindernd aus. Unter weiteren Voraussetzungen erhöht sich das Abschreibungsvolumen, da die degressive Abschreibung für Gebäude auch neben der Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau nach § 7b Einkommensteuergesetz möglich ist.
Dem Rotstift zum Opfer gefallen sind folgende Punkte:
(B) Die vorgesehene Klimaschutz-Investitionsprämie wurde komplett gestrichen.
(B) (A) Die geplante Anhebung der Verpflegungspauschalen wurde gestrichen. Es bleibt bei den bisherigen Beträgen von 28 Euro pro Tag und 14 Euro pro An- und Abreisetag.
(B) (A) Die geplante Erhöhung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen wurde gestrichen. Es bleibt beim bisherigen Freibetrag von 110 Euro pro Arbeitnehmer für maximal zwei Veranstaltungen jährlich.
(B) Die überfällige Erhöhung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter von 800 auf 1.000 Euro wurde nicht in das Gesetz aufgenommen.
(B) Die Erweiterungen bei der Verlustnutzung durch Einführung eines dreijährigen Verlustrücktrags in der Einkommen- und Körperschaftsteuer wurden gestrichen. •
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