Kryptowerte-transparenzgesetz
Kryptisch, aber klar
Das Finanzministerium hat seine Spielregeln für Kryptowerte gründlich überarbeitet. Wer mit Bitcoin, Ether & Co. unterwegs ist, sollte wissen, was sich geändert hat. Denn zwischen Mining, Staking und steuerlicher Realität liegen oft Welten. Ein neues Schreiben des Bundesfinanzministeriums bringt endlich mehr Ordnung ins digitale Durcheinander.
Kryp|to|wäh|rung, die; [ˈkrʏptovɛːrʊŋ] (auf einem kryptografischen System beruhende Währung; zu griechisch kryptós = geheim, verborgen)
Bislang herrschte bei vielen Investoren auf dem Kryptomarkt Verwirrung: Ist ein Coin nun eine Währung, ein Token, ein digitales Wirtschaftsgut – oder etwas dazwischen? Selbst in der Fachwelt kursierten Begriffe, die mehr Fragen als Antworten hinterließen. Am 6. März 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) dazu ein Schreiben veröffentlicht. Unterschiedliche Bezeichnungen weichen nun einer klaren Systematik, die festlegt, was ein digitaler Wert tatsächlich ist – und was nicht.
Kryp|to|wert, der; ((nicht gesetzliche) Kryptowährung als börsengehandelte Wertanlage)
In dem Schreiben werden virtuelle Währungen und Werte nun einheitlich als Kryptowerte definiert. Der Begriff umfasst alle digitalen Darstellungen von Werten oder Rechten, die über eine Blockchain oder ähnliche Technologien übertragen werden. Entscheidend ist die Funktion des jeweiligen Tokens:
- Payment Token dienen als digitales Tauschmittel, etwa Bitcoin oder Ether.
- Utility Token gewähren Nutzungsrechte, beispielsweise den Zugang zu einer Plattform.
- Security Token ähneln Wertpapieren oder Beteiligungen.
- Hybride Token verbinden mehrere dieser Eigenschaften.
To|ken, das oder der [ˈtɔʊ̯kn̩] (Folge zusammengehöriger Zeichen oder Folge von Bits; digitale Einheit, die auf einer Blockchain basiert und dort bestimmte Werte, Rechte oder Funktionen repräsentiert)
Zusätzlich gibt es Non-Fungible Token (NTF) mit einzigartigen individuellen Merkmalen, die vor allem den Zugang zu digitalen Kunstwerken oder Sammlerstücken ermöglichen.
NFT, das; [ɛnʔɛfˈteː] (kurz für non-fungible token (nicht austauschbares Zeichen)); (digitaler, nicht kopier- oder ersetzbarer Echtheits- oder Eigentumsnachweis digitaler Inhalte mithilfe von Blockchain-Technologie)
Digitale Arbeit mit steuerlicher Wirkung
Mining, Forging und Staking bezeichnen Verfahren, mit denen Transaktionen auf der Blockchain verarbeitet werden und neue Einheiten entstehen – also den Kern der Kryptowelt. Wer Coins schürft (Mining) oder Blöcke bestätigt (Forging), erbringt eine steuerlich relevante Leistung. Ob es sich dabei um eine gewerbliche oder private vermögensverwaltende Tätigkeit handelt, hängt im Einzelfall davon ab, ob die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs nach dem Einkommensteuergesetz vorliegen, sofern sich das nicht bereits aus der Rechtsform ergibt.
Block|chain®, die; [ˈblɔktʃɛɪ̯n] (dezentrale Datenbankstruktur, die eine kryptografische Verkettung der Datensätze aufweist; englisch blockchain, aus block = Block, Einheit von Elementen und chain = Kette)
Eine wichtige Neuerung betrifft das (passive) Staking. Wer Kryptowerte einem Netzwerk überlässt, ohne selbst Blöcke zu erzeugen, erzielt sonstige Einkünfte aus privater Vermögensverwaltung. Der Zeitpunkt der Einbuchung in die Wallet gilt als Anschaffungszeitpunkt (Claiming). Nicht geclaimte Coins müssen spätestens zum Jahresende erfasst werden.
Wenn Kryptos sich vermehren
Hard Forks, Airdrops und Lending beschreiben Vorgänge, bei denen sich bestehende Kryptowerte verändern, vervielfältigen oder verliehen werden – also Situationen, in denen Bestände wachsen, ohne dass neue Käufe erfolgen. Auch dabei gelten steuerliche Regeln:
- Hard Forks (Abspaltungen einer Blockchain) führen zu neuen Coins. Die bisherigen Anschaffungskosten werden anteilig auf beide Zweige der Blockchain verteilt.
- Airdrops – kostenlose Token zu Werbezwecken – können steuerpflichtig sein, wenn eine Gegenleistung erfolgt, etwa durch das Bewerben eines Projekts.
- Lending, also das Verleihen von Kryptos gegen Zinsen, führt regelmäßig zu steuerpflichtigen Einnahmen – egal ob in Euro oder in Coins.
Dokumentation ist alles
Wer mit Kryptos handelt oder Erträge erzielt, sollte nicht nur Kurse im Blick behalten, sondern auch Belege. Ohne saubere Dokumentation drohen schnell Nachfragen des Finanzamts. Die Finanzverwaltung betont die Bedeutung von Transaktionsübersichten und Steuerreports. Plattformen wie Kraken, Coinbase oder Bitpanda bieten Exportdateien (CSV, PDF) mit allen Bewegungen – Käufe, Verkäufe, Transfers und Belohnungen. Diese Daten sind Grundlage der Steuererklärung und müssen aufbewahrt werden.
Da viele Anbieter Daten nur befristet speichern und Änderungen möglich sind, empfiehlt sich eine regelmäßige Sicherung. Fehlende Nachweise können zu Schätzungen und somit in der Regel zu Nachzahlungen führen.
Haltefrist kann entscheiden
Wer digitale Werte verkauft, tauscht oder in Euro umwandelt, betritt steuerlich sensibles Terrain. Auch hier hat das BMF nachgeschärft:
- Im Privatvermögen sind Gewinne steuerpflichtig, wenn zwischen Anschaffung und Verkauf weniger als ein Jahr liegt. Es wird klargestellt, dass eine Verlängerung der Haltefrist auf zehn Jahre, auch bei zusätzlichen Erträgen etwa durch Lending, nicht vorgesehen ist.
- Im Betriebsvermögen zählen Veräußerungserlöse zu den Betriebseinnahmen und werden regulär versteuert. Zur Gewinnermittlung sind die Anschaffungskosten maßgeblich. Ist eine Zuordnung nicht möglich, greift die Durchschnitts- oder First-in-First-out-Methode.
Pflichten und Praxis
Kryptowerte sind längst keine steuerfreie Spielwiese mehr. Wie bei anderen Einkünften müssen auch für Geschäfte im Kryptomarkt die Mitwirkungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten beachtet werden. Sowohl für Privat- als auch für Betriebsvermögen verlangt die Finanzverwaltung eine nachvollziehbare Dokumentation aller Transaktionen und die Aufbewahrung der Unterlagen über sechs Jahre. Für Betriebe gelten zusätzlich die GoBD (Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form). Sämtliche Angaben sind in der Steuererklärung oder im Jahresabschluss vollständig und korrekt zu erfassen. Wer seine Unterlagen ordentlich führt und sichert, erspart sich Ärger und beweist gegenüber dem Finanzamt Transparenz.
Fazit Das neue BMF-Schreiben schafft ein klareres Bild davon, wann Einkünfte entstehen und welche Nachweise erforderlich sind. Wer seine Kryptogeschäfte strukturiert dokumentiert, regelmäßig sichert und steuerlich korrekt behandelt, bleibt auch in der Blockchain transparent – und beim Finanzamt auf der sicheren Seite.
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