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Inflationäre Zeiten – Mandantenzeitschrift tatort:steuern

Brennpunkt

Inflationäre Zeiten

Man ahnt ja kaum, was sich alles inflationär entwickeln kann: von Warenkörben über Energiepreise bis hin zu Steuergesetzen. Allein zwölf neue Paragraphen im Einkommensteuergesetz hat uns die neue Energiepreispauschale beschert. Tut es da nicht gut, dass unser Bundesfinanzministerium die Energiepreispauschale sogleich mit „EPP“ abkürzt? Wenigstens eine Einsparung auch auf Bundesseite. Ansonsten könnten die jüngst am 20. Juli vom Ministerium veröffentlichten FAQs „Energiepreispauschale (EPP)“ wohl auch in den Buchdruck gehen. So viele Fragen sind zu beantworten, unter anderem zur Anspruchsberechtigung, zur Festsetzung mit der Einkommensteuerveranlagung, zur Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber, zum Einkommensteuer-Vorauszahlungsverfahren und zur Steuerpflicht. Zum Glück ist die EPP steuerpflichtig. Nicht auszudenken, was dem Fiskus anderenfalls an Steuermehreinnahmen aufgrund der Mehrausgaben verloren ginge.

Andererseits versprach uns unser Finanzminister zeitgleich, den steuerlichen Auswirkungen der sogenannten kalten Progression durch Steuerentlastungen entgegenzuwirken. Als kalte Progression bezeichnet man den Effekt der Steuermehrbelastung auf zum Beispiel Gehaltserhöhungen durch den damit gestiegenen Steuertarif. Unsere Steuerlast berechnet sich nach einem progressiven, also ansteigenden Tarif mit ansteigendem Einkommen. Dadurch verdient der Staat bei jeder Gehaltserhöhung nicht nur im gleichbleibenden Verhältnis, sondern sogar überproportional mit. Diese Steuermehrbelastung wird in Zeiten einer beginnenden Lohn-Preis-Spirale aufgrund der ansteigenden Preise fatal, denn vom Mehrverdienst bleibt netto kaum etwas übrig und fällt in manchen Fällen unglücklicher Tarifstufen sogar komplett der Staatskasse zu.

Zum Ausgleich der kalten Progression wurde daher der Grundfreibetrag ab dem Veranlagungszeitraum 2022 auf 10.347 Euro angehoben. Eine Steuer entsteht also erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 10.348 Euro und berechnet sich – für alle, die mal nachrechnen möchten – nach dem Einkommensteuergesetz wie folgt:

von 10.348 Euro bis 14.926 Euro (1.088,67 × y + 1.400) × y

von 14.927 Euro bis 58.596 Euro (206,43 × z + 2.397) × z + 869,32

von 58.597 Euro bis 277.825 Euro (Höchststeuersatz) 0,42 × x – 9.336,45

von 277.826 Euro an (Reichensteuersatz) 0,45 × x – 17.671,20

Die Größe „y“ ist ein Zehntausendstel des den Grundfreibetrag übersteigenden Teils des auf einen vollen Euro-Betrag abgerundeten zu versteuernden Einkommens. Die Größe „z“ ist ein Zehntausendstel des 14.926 Euro übersteigenden Teils des auf einen vollen Euro-Betrag abgerundeten zu versteuernden Einkommens. Die Größe „x“ ist das auf einen vollen Euro-Betrag abgerundete zu versteuernde Einkommen.

Vereinfachung ist wohl nicht jedermanns Sache und Steuerentlastung in inflationären Zeiten leider auch nicht. Aber immerhin ist der sich rechnerisch ergebende Steuerbetrag auf den nächsten vollen Euro-Betrag abzurunden.

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