Nachlassplanung
Das Supervermächtnis
In Deutschland ziehen Ehepaare zu mehr als 50 Prozent das sogenannte Berliner Testament heran, um ihren Nachlass zu regeln. Doch stellt dies die optimale Lösung dar? Oder gibt es bessere Wege, um die Erbschaftsteuerbelastung möglichst gering zu halten? tatort:steuern klärt auf.
Bei den meisten Ehepaaren steht im Rahmen der Testamentsgestaltung vor allem die Absicherung des länger lebenden Ehegatten im Vordergrund. Abgebildet wird dies durch das Berliner Testament, bei dem sich die Ehegatten zunächst gegenseitig als Erben einsetzen und nach dem Ableben des Längerlebenden die Kinder Schlusserben werden. Hierbei wird aber oft nicht beachtet, dass die Kinder am Ende nur von einem Elternteil das gesamte Vermögen erben und folglich nur einmal der Freibetrag von 400.000 Euro pro Kind zur Verfügung steht. Insbesondere bei sehr großen Vermögen können hier enorme Erbschaftsteuer-Belastungen entstehen.
Wäre es also nicht sinnvoller, eine Gestaltung zu wählen, bei der die Freibeträge von beiden Eltern ausgenutzt werden, in Summe also 800.000 Euro erbschaftsteuerfrei übergehen?
Vorteilhaft wäre es, Regelungen zu treffen, die bereits beim Erstversterbenden Vermögen an die Kinder übertragen, um den Freibetrag von 400.000 Euro nicht ungenutzt zu lassen. Möglich ist dies durch die Gestaltung von Vermächtnissen, Auflagen oder der Einräumung eines Nießbrauchs. Vor allem Vermächtnisse können hierbei sehr attraktiv sein. Ein Vermächtnis stellt eine Zuwendung eines Vermögensvorteils dar, ohne selbst Erbe zu sein.
Beispiel E und F sind verheiratet und haben ein Kind. E hat ein Vermögen von zwei Millionen Euro, F hat ein Vermögen von einer Million Euro. E stirbt zuerst. Ein möglicher Zugewinnausgleich soll hier keine Rolle spielen.
Variante A
E und F haben ein klassisches Berliner Testament. Unter Berücksichtigung des Freibetrags für Ehegatten von 500.000 Euro sowie des besonderen Versorgungsfreibetrags von 256.000 Euro wird auf das Vermögen von E eine Erbschaftsteuer von 236.360 Euro fällig. (2 Mio. Euro – 756.000 Euro) × Steuersatz 19 % = 236.360 Euro.
Variante B
Das Testament enthält ein Vermächtnis von 400.000 Euro an das Kind. Aufgrund des Freibetrags von 400.000 Euro fällt beim Kind keine Erbschaftsteuer an. Die Belastung bei F beläuft sich auf 160.360 Euro Erbschaftsteuer. (2 Mio. Euro – 400.000 Euro – 756.000 Euro) × Steuersatz 19% = 160.360 Euro. Durch ein Vermächtnis würde also die Steuerersparnis bei 76.000 Euro liegen.
Für eine möglichst geringe Erbschaftsteuerbelastung könnten noch weitere Vermächtnisse, zum Beispiel an die Enkelkinder, in Betracht gezogen werden.
Ein Vermächtnis tritt in der Regel unmittelbar mit dem Erbfall ein. Die Erfüllung ist daher in kürzester Zeit vorzunehmen. Ein großer Nachteil beim Vermächtnis besteht in der Gebundenheit und der damit verlorenen Flexibilität. Hilfreich wäre hier eine flexible und unverbindliche Lösung – das sogenannte Supervermächtnis.
Dieses Supervermächtnis soll dem überlebenden Ehegatten mehr Freiraum einräumen, ohne die Freibeträge des verstorbenen Ehegatten zu gefährden. Dies bedeutet, dass der überlebende Ehegatte frei entscheiden kann, ob, was, wann und wem er aus dem Nachlass des verstorbenen Ehegatten etwas als Vermächtnis zukommen lassen kann (Zweckvermächtnis). Bestimmt werden können also der Vermächtnisnehmer, die Vermächtnishöhe sowie der Zeitpunkt der Erfüllung.
Hierbei ist wichtig, dass dieses Vermächtnis kurzfristig nach dem Eintritt des Erbfalls vom überlebenden Ehegatten vollständig bezeichnet und konkretisiert wird. Um eine steuerliche Anerkennung zu gewährleisten, bedarf es einer festen Frist zur Erfüllung des Vermächtnisses. Ohne eine solche Frist könnte das Vermächtnis nicht als Nachlassverbindlichkeit beim überlebenden Ehegatten anerkannt werden. Der Erfüllungszeitpunkt kann auch in der Zukunft liegen. Er sollte aber realistisch – innerhalb der statistisch zu erwartenden Lebenszeit des überlebenden Ehegatten – gewählt werden. Erfolgt eine Erfüllung erst nach dem Tod beider Ehegatten, gelten die Vermächtnisse als vom letztversterbenden Ehegatten übertragen. Folglich würden die Freibeträge des Erstversterbenden erneut ohne steuerliche Berücksichtigung bleiben.
FAZIT Die Berücksichtigung von Vermächtnissen innerhalb des Testaments führt zu einer geringeren Erbschaftsteuerbelastung. Insbesondere bei einem sehr hohen Nachlass sollte dies unbedingt in Betracht gezogen werden. Unter Berücksichtigung von bestimmten Parametern lassen sich die Vermächtnisse auch flexibel gestalten, um den Liquiditätsbedarf des länger lebenden Ehegatten nicht zu gefährden. Dabei muss zwingend ein steuerrechtlicher Gestaltungsmissbrauch ausgeschlossen werden. Die Expertise eines Notars sowie eines Steuerberaters sind unerlässlich. •
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