Brennpunkt
Rente gut – alles gut?
Unter der blumigen Überschrift „Verantwortung für Deutschland“ haben sich die Vertreter von Union und SPD im April auf einen Koalitionsvertrag mit einem Umfang von 144 Seiten geeinigt. Dieser enthält eine große Liste an Vorhaben, um notwendige und überfällige Strukturreformen zur Ankurbelung und Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland rasch umzusetzen. Zu nennen sind insbesondere Impulse für Innovationen, Anstieg der Infrastrukturinvestitionen, Entlastung bei den Energiekosten sowie Stärkung des Arbeitskräftepotenzials und der Arbeitsanreize. Auch der vielfältige Werkzeugkasten des Steuerrechts dürfte in diesem Zusammenhang wieder zum Einsatz kommen.
Bei einer Frage lässt schon jetzt erahnen, dass sich auch die neue Koalition schwertun wird: Was wird aus unserem Rentensystem? Eine zukunfts- und generationengerechte Ausgestaltung stellt eine Herkulesaufgabe dar. Eine große Reform ist seit Jahren überfällig. Angesichts des demografischen Wandels gilt aber: Je später gehandelt wird, desto schwieriger und teurer wird es.
Schon heute gehen mit 122 Milliarden Euro rund ein Viertel unseres Bundeshaushalts als Zuschüsse in ein Rentensystem, dem Wirtschaftsexperten einen Kollaps prognostizieren. Wo sind also die kreativen Vorschläge, wie wir das Problem angehen? Der jetzt vorliegende Koalitionsvertrag bleibt hierzu nicht nur undeutlich, vielmehr manifestiert er die Unwucht bei der Finanzierung noch einmal mehr. Die geplante Ausweitung der Mütterrente, die Beibehaltung der abschlagsfreien Rente und eines garantierten Rentenniveaus von 48 Prozent über die gesamte Legislaturperiode führen im Ergebnis zu einer immer stärker werdenden Beitragsbelastung für jüngere Generationen. Eine aktuelle Prognose zeigt, dass der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung von aktuell 18,6 Prozent bis zum Jahr 2035 auf 21,2 Prozent steigen wird.
So wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis unbequeme Wahrheiten auf den Tisch kommen. Insbesondere dürfte das bestehende System ohne einen moderaten Anstieg der Regelaltersgrenze auf Dauer nicht zu finanzieren sein.
Immerhin finden sich im Koalitionsvertrag Aussagen zum Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge und einer zusätzlichen – kapitalgedeckten – privaten Altersvorsorge. So soll es eine sogenannte „Frühstart-Rente“ geben. Geplant ist, dass jedem Kind vom sechsten bis zum 18. Lebensjahr pro Monat zehn Euro in ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot eingezahlt werden. Der in dieser Zeit angesparte Betrag kann anschließend ab Volljährigkeit bis zum Renteneintritt durch private Einzahlungen weiter bespart werden. Die Erträge sollen bis zum Renteneintritt steuerfrei sein. Das Sparkapital ist vor staatlichem Zugriff geschützt und wird mit Erreichen der Regelaltersgrenze ausgezahlt.
Es bleibt also zu hoffen, dass auch bei der Rente konkrete Taten der neuen Bundesregierung erfolgen und es nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleibt. •
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