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Clever geschaukelt – Mandantenzeitschrift tatort:steuern

Güterstandsschaukel

Die Vorstellung von einem gemeinschaftlichen Vermögen bei Verheirateten ist weitverbreitet, aber falsch. Ohne Ehevertrag leben Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, und jeder behält sein Vermögen. Daraus können sich steuerliche Risiken für Zuwendungen zwischen Ehegatten ergeben. Wer die Möglichkeiten zur Steueroptimierung beim Erben und Schenken kennt, ist klar im Vorteil.

In Deutschland steht ein gewaltiger Vermögenstransfer bevor: Die Babyboomer-Generation – also Menschen, die bis Mitte der Sechzigerjahre geboren wurden – erreicht das Rentenalter und plant, ihr teilweise erhebliches Vermögen an ihre Kinder weiterzugeben. Angesichts hoher Immobilienwerte, Betriebsvermögen und Wertpapierdepots ist das Ziel klar: Die steuerliche Belastung beim Generationenwechsel soll so gering wie möglich gehalten werden.

Zunächst zur Ausgangslage: Oftmals hat sich ein Ehegatte auf die Erwerbsarbeit konzentriert und erzielte im besten Fall gute bis sehr gute Einkünfte, während der andere Ehegatte beispielsweise Aufgaben in der Kindererziehung übernahm. Das Haushaltseinkommen wurde also zu unterschiedlichen Teilen durch die Ehegatten erwirtschaftet. Daraus können sich zwei steuerliche Problemstellungen ergeben.

Ungleicher Vermögensaufbau

Der Vermögensaufbau könnte bei den Ehegatten unterschiedlich sein. Dies hat zur Folge, dass die vorhandenen steuerlichen Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer möglicherweise nicht optimal genutzt werden können. In einer Familie mit zwei Kindern haben sowohl Vater als auch Mutter je Kind einen Freibetrag für steuerfreie Übertragungen von Vermögen in Höhe von je 400.000 Euro (Kind 1 vom Vater 400.000 Euro und von der Mutter 400.000 Euro; Kind 2 vom Vater 400.000 Euro und von der Mutter 400.000 Euro). Insgesamt können so 1,6 Millionen Euro steuerfrei übertragen werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass jeder Elternteil aus eigenem Vermögen die Übertragungen vornimmt. Diese Betrachtung kann noch um eine mögliche Enkelgeneration erweitert werden. Oma und Opa können jeweils 200.000 Euro einem Enkelkind steuerfrei zukommen lassen.

Für vorherige Schenkungen zwischen den Ehegatten zur besseren Vermögensverteilung wäre in diesem Beispiel der Freibetrag von 500.000 Euro nicht ausreichend.

Achtung Alle diese Freibeträge können auch nur alle zehn Jahre erneut in Anspruch genommen werden.

Teure Schenkungen

Ein weiteres steuerliches Problem könnte sich ergeben, wenn aus dem Einkommen des besser ­verdienenden Ehegatten nicht nur der Lebensunterhalt bestritten wird, sondern beispielsweise eine gemeinsame Ferienimmobilie erworben oder auf gemeinsamen Bankkonten und Wertpapierdepots Vermögen gebildet wurde.

Da der Vermögensaufbau nur aus den hohen Einkünften eines Ehepartners erfolgt, ist in diesen Fällen nur scheinbar „gemeinschaftliches Vermögen“ entstanden. Vielmehr handelt es sich hier um Schenkungen zwischen den Ehegatten. Der Freibetrag zwischen den Ehegatten von 500.000 Euro kann über die Jahre schnell überschritten sein, und eine Schenkungsteuer wäre als Folge ausgelöst.

Gleiches gilt für Schulden. Anders als oft behauptet, haftet ein Ehepartner nicht für die Schulden des anderen – es sei denn, die Bank hat eine gemeinsame Haftung des Paares verlangt und im Kreditvertrag festgeschrieben. Laut Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gilt eine Kredittilgung für eine gemeinsam vermietete Immobilie ebenfalls als Schenkung. Überträgt nun dieser begünstigte Ehegatte zu Lebzeiten Vermögen auf die Kinder, kann das Finanzamt den „einkommenslosen Vermögensaufbau“ kritisch hinterfragen.

Gütertrennung vereinbaren

Doch auch nach dem Tod eines Ehegatten können unbewusste lebzeitige Schenkungen zwischen den Ehegatten ans Licht kommen. Die Vermögen sind in diesem Zeitpunkt getrennt zu bewerten, und der entstandene Zugewinn während der Ehe ist zu ermitteln. Was ist der Zugewinn? Das ist der Vermögenszuwachs, den jeder Ehepartner während der Ehe hinzugewonnen hat.

Und was ist der Zugewinnausgleich? Danach teilen sich die Eheleute die Differenz zwischen ihrem Endvermögen und dem Anfangsvermögen jeweils zur Hälfte. Fällt das Vermögen im Nachlass deutlich höher oder geringer aus, als vom Finanzamt vermutet, kann es zu unangenehmen Rückfragen kommen. Da Schenkungen dem Finanzamt zeitnah anzuzeigen sind, steht so schnell der Vorwurf der Steuerhinterziehung im Raum.

Diese Diskussion lässt sich vermeiden. Und zwar durch „Legalisierung“ der Schenkungen – auch rückwirkend. Bei der sogenannten Güterstandsschaukel wird ein notarieller Ehevertrag geschlossen, der die Zugewinngemeinschaft zu Lebzeiten beendet und den Güterstand der Gütertrennung begründet. Dadurch entsteht eine Zugewinnausgleichsforderung eines Ehegatten. Die folgende Übertragung von Vermögenswerten zwischen den Ehegatten wird zivilrechtlich geschuldet und ist damit schenkungsteuerfrei.

Neben der Vermeidung einer drohenden Einstufung der Zuwendungen an den einkommenslosen Ehegatten als Schenkung ist das Vermögen nun gleichmäßig verteilt. Im nächsten Schritt können so die steuerlichen Freibeträge gegenüber den Kindern bei den gewünschten Übertragungen optimal ausgeschöpft werden. Nach Abwicklung der früheren Zugewinngemeinschaft kann dann in den gesetzlichen Güterstand zurückgekehrt werden. Ein Ehepaar kann also völlig legal zwischen der Gütertrennung und Zugewinnge­meinschaft hin und her „schaukeln“.

Es ist wichtig, sich mit dem Thema frühzeitig zu beschäftigen. Denn: Die Güterstandsschaukel funktioniert nur während der Ehe – nicht mehr nach dem Tod eines Ehegatten.

FAZIT Steueroptimierung bei Vermögensübertragungen braucht gute Beratung und rechtzeitige Planung. Die Güterstandsschaukel kann als ein effektives Instrument im Werkzeugkasten der Vermögensübertragung genutzt werden – insbesondere bei Ehepaaren mit ungleich verteiltem Vermögen. Sie kann als Ausgangspunkt für steueroptimierte Freibetragsnutzungen bei Schenkungen oder im Erbfall bei Kindern und Enkelkindern sein.

 

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