Unternehmensverkauf
Stille Reserven für den Ruhestand
Wenn Einzelunternehmer, Freiberufler oder Partner in Personengesellschaften in den Ruhestand gehen, ist das ein bedeutender Meilenstein im Leben – und auch steuerlich eine Herausforderung. Will man doch die Früchte seines unternehmerischen Lebens nicht eins zu eins mit dem Fiskus teilen. tatort:steuern erklärt, wie der Löwenanteil beim Unternehmer bleibt.
Der Wert des eigenen Unternehmens oder Unternehmensanteils stellt für die Inhaber häufig einen beträchtlichen Anteil an der Vermögensbildung dar, denn nicht selten wurde zeitlebens ins eigene Unternehmen investiert und dafür auf die persönliche Altersvorsorge gegebenenfalls verzichtet. Steht dann der Ruhestand an und soll das Unternehmen veräußert oder aufgegeben werden, sollten alle Möglichkeiten der steuerlichen Vergünstigungen von Veräußerungs- oder Aufgabegewinnen geprüft und bestmöglich genutzt werden.
Im Unternehmen entstehen oder wachsen im Laufe der Unternehmensentwicklung verschiedene Vermögenswerte, die für den Inhaber am Ende veräußerbar sind. Seien es selbst geschaffene Wirtschaftsgüter, ein wertvoller Kundenstamm oder auch Immobilien im Betriebsvermögen, viele Vermögensgegenstände können sogenannte stille Reserven bilden. Vereinfacht ausgedrückt, sind das die Differenzen zwischen den aktuellen Verkehrs- und Buchwerten. Bei Verkauf oder Betriebsaufgabe werden sie zum steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn.
Als wesentliche steuerliche Vergünstigungen stehen dem veräußernden Unternehmer, unter bestimmten Voraussetzungen, ein Freibetrag und ein ermäßigter Steuersatz zur Verfügung. Alternativ kann zudem die Fünftelregelung in Anspruch genommen werden.
Freibetrag
Hat der Unternehmer das 55. Lebensjahr vollendet oder ist dauerhaft berufsunfähig im sozialversicherungsrechtlichen Sinne, kann er einmal im Leben einen Freibetrag von 45.000 Euro in Anspruch nehmen, wenn der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro nicht übersteigt. Der diesen Betrag übersteigende Veräußerungsgewinn mindert den Freibetrag.
Beispiel 1 Veräußerungsgewinn unterhalb der Kürzungsgrenze
- Veräußerungsgewinn: 120.000 Euro
- Freibetrag: 45.000 Euro
- Kürzung: Keine, da der Veräußerungsgewinn die Grenze von 136.000 Euro nicht übersteigt.
- Verbleibender steuerpflichtiger Gewinn: 120.000 Euro – 45.000 Euro = 75.000 Euro.
Beispiel 2 Veräußerungsgewinn oberhalb der Kürzungsgrenze
- Veräußerungsgewinn: 150.000 Euro
- Freibetrag: 45.000 Euro
- Kürzung: Der Freibetrag wird um den Betrag gekürzt, um den der Veräußerungsgewinn die Grenze von 136.000 Euro übersteigt:
150.000 Euro – 136.000 Euro = 14.000 Euro Kürzung.
Neuer Freibetrag: 45.000 Euro – 14.000 Euro = 31.000 Euro. - Verbleibender steuerpflichtiger Gewinn: 150.000 Euro – 31.000 Euro = 119.000 Euro.
Liegt der Veräußerungsgewinn oberhalb der Höchstgrenze von 181.000 Euro, kommt kein Freibetrag mehr zum Abzug.
Ermäßigter Steuersatz
Hat der Unternehmer das 55. Lebensjahr vollendet oder ist dauerhaft berufsunfähig im sozialversicherungsrechtlichen Sinne, kann er einmal im Leben den ermäßigten Steuersatz für seinen Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn in Anspruch nehmen, wenn dieser fünf Millionen Euro nicht übersteigt.
Dieser „halbe Steuersatz“ beträgt in Wahrheit 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich auf das gesamte zu versteuernde Einkommen bezieht, mindestens jedoch 14 Prozent (Mindeststeuersatz).
Beispiel Durchschnittlicher Steuersatz unter Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns
- Veräußerungsgewinn (nach Abzug des Freibetrags): 55.000 Euro
- Sonstige Einkünfte (zum Beispiel aus Vermietung): 40.000 Euro
- Summe der Einkünfte: 95.000 Euro
- Sonderausgaben: 5.000 Euro
- Zu versteuerndes Einkommen: 90.000 Euro
- Einkommensteuer (nach Grundtabelle): 28.463 Euro
- Durchschnittlicher Steuersatz: 28.463 Euro ÷ 90.000 Euro = 31,63 Prozent.
- Ermäßigter Steuersatz: 31,63 Prozent × 56 Prozent = 17,71 % (mindestens jedoch 14 Prozent).
- Steuer auf den Veräußerungsgewinn: 55.000 Euro × 17,71 Prozent = 9.742 Euro.
- Gesamte Einkommensteuer: Steuer auf sonstige Einkünfte von 35.000 Euro (nach Grundtabelle 6.512 Euro) + Steuer auf Veräußerungsgewinn (9.742 Euro) = 16.254 Euro.
Fünftelregelung
Kommt keine der genannten Ermäßigungen in Betracht, weil diese entweder schon einmal in Anspruch genommen wurden oder die Grenzen überschritten sind, ist eventuell noch die Anwendung der Fünftelregelung möglich. Diese kann sich in wenigen Fällen sogar günstiger als der halbe Steuersatz auf die Steuer auswirken.
Der Veräußerungsgewinn wird fiktiv auf fünf Jahre verteilt. Die Steuer auf den Veräußerungsgewinn wird dabei wie folgt berechnet:
Zunächst wird die reguläre Steuer ohne den Veräußerungsgewinn ermittelt. Diese wird mit der Steuer verglichen, die sich ergeben würde, wäre nur ein Fünftel des Veräußerungsgewinns angefallen. Die Differenz zwischen beiden Beträgen wird mit fünf multipliziert und ergibt die Steuer auf den gesamten Gewinn.
Ob für Veräußerungs- oder Aufgabegewinne die Fünftelregelung, die Anwendung des Freibetrags oder die Versteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz günstiger ist, kann durch eine Vergleichsberechnung ermittelt werden. Jedes Verfahren dient dazu, die Steuerprogression zu mildern.
Für die Betriebsaufgabe gelten die gleichen Freibeträge und Steuerermäßigungen. Diese liegt vor, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang veräußert oder ins Privatvermögen überführt werden.
Und für Gewerbebetriebe gilt: Veräußerungs- oder Aufgabegewinne unterliegen grundsätzlich nicht der Gewerbesteuer, sofern der Gewinn auf eine natürliche Person entfällt.
FAZIT Die beiden wesentlichen steuerlichen Vergünstigungen beim Unternehmensverkauf sind an persönliche Voraussetzungen, zum Beispiel das Alter, und Höchstgrenzen gebunden. Es ist ratsam, eine sorgfältige Planung anzugehen und auch bei Betriebsaufgaben auf den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Veräußerungen und Entnahmen von wesentlichen Betriebsgrundlagen zu achten. Wir beraten Sie gerne, damit Ihnen die größten Reserven für Ihren Ruhestand bleiben.
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