Brennpunkt
Unter Gauklern
Unterhaltungskünstler verschiedener Art, wie Artisten, Zauberer und Komiker, aber auch Possenreißer und Taschenspieler wurden im Mittelalter als Gaukler bezeichnet. Auf öffentlichen Plätzen, Jahrmärkten oder bei Festen unterhielten sie das Volk mit ihren jeweiligen Vorführungen. In der heutigen Zeit beschreibt man damit eher eine Person, die durch Tricks versucht, jemanden zu täuschen oder von anderen Beobachtungen abzulenken. Leider geschieht dies höchst selten zum Zweck der Unterhaltung oder der allgemeinen Freude.
In der steuerrechtlichen Gesetzgebung oder bei steuerlichen Fördermaßnahmen bekommen wir auch immer mal wieder etwas vorgegaukelt, zum Beispiel den politischen Willen zur Förderung des selbst genutzten Wohneigentums mit subventionierten Krediten. Auch die finanzielle Entlastung durch die Energiepreispauschale angesichts der gestiegenen Energiekosten kann an dieser Stelle genannt werden. Diese und andere Maßnahmen, die Anschaffung von Wohneigentum zu fördern oder den Bürger finanziell zu entlasten, sind grundsätzlich gar nicht schlecht, gaukeln uns aber dennoch etwas vor: Nämlich, dass der Staat seinen Bürgern wirksam und unbürokratisch beim wichtigen Grundbedarf des Wohnens hilft und sie unterstützt. Natürlich kosten die beispielhaft genannten Maßnahmen unseren Staat viel Geld. Wenn wir aber im Gegenzug betrachten, mit welchen steuerrechtlichen Regelungen das Wohnen den Bürger an anderen Stellen höher belastet, sind die unterstützenden Maßnahmen wohl eher Makulatur.
Schauen wir zum Beispiel auf die stetige Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 Prozent (früher deutschlandweit) auf bis zu 6,5 Prozent (je nach Bundesland). Diese Steuererhöhungen haben die Anschaffungskosten von Immobilien in die Höhe getrieben. Wie leicht wäre es, die Anschaffung von selbst genutztem Wohneigentum durch eine Steuerfreistellung von der Grunderwerbsteuer zu fördern? Man bräuchte vermutlich zwei neue Paragraphen im Grunderwerbsteuergesetz: einen für die Befreiung mit ihren Bedingungen und einen für den Anwendungszeitraum. Und nein, wir haben nicht vergessen, dass es sich bei der Grunderwerbsteuer um eine Landessteuer handelt. Viele der aktuellen oder geplanten Fördermaßnahmen, wie die Förderkredite für die Anschaffung von Familienwohnheimen, sind auch landeseigene Programme. Man müsste halt mal miteinander reden und arbeiten – auf Bundes- und Landesebene. So könnte womöglich auch einiges an bürokratischen Ressourcen eingespart werden.
Der letzte hörbare Seufzer in Deutschland war indes keinesfalls einer der Erleichterung, sondern der Verzweiflung über die Grundsteuerreform. Nicht nur, dass dem Finanzamt aufwendig Daten erklärt werden mussten, die weit überwiegend bereits vorlagen. Es ist wohl darüber hinaus mit einer Erhöhung dieser Wohn-Nebenkosten zu rechnen, auch wenn unsere Regierung beteuert, dass die Höhe des Grundsteueraufkommens gleichbleiben soll. Wenn das klappt, kommen wir vor Freude ins Staunen! •
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